Anstieg der Videosprechstunden in Sachsen-Anhalt

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In den letzten Jahren hat die Digitalisierung im Gesundheitswesen erheblich zugenommen. Eine der auffälligsten Veränderungen ist die Einführung und Etablierung von Videosprechstunden, die besonders während der Corona-Pandemie ins Rampenlicht rückten. In Sachsen-Anhalt ermöglichte die Option, per Video medizinischen Rat und Hilfe zu bekommen, dass man während der Lockdowns und bei hohen Infektionszahlen nicht in die Arztpraxis gehen musste, was das Ansteckungsrisiko verringerte. In dieser Phase erlebte die Videosprechstunde ihren vorläufigen Höhepunkt, weil sie für viele Patientinnen und Patienten sowie für Ärztinnen und Ärzte eine sichere und effiziente Alternative zur herkömmlichen Sprechstunde war.

Die Zahlen, die während der Pandemie einen rasanten Anstieg verzeichneten, erlebten danach eine Rückgangsphase. Dank der Rückkehr zu mehr Normalität und der Wiederbelebung persönlicher Kontakte in Arztpraxen haben viele Patientinnen und Patienten den Wunsch geäußert, wieder vor Ort behandelt zu werden. In Sachsen-Anhalt ist die Zahl der abgerechneten Videosprechstunden von etwa 42.600 im Jahr 2021 auf fast 22.000 im Jahr 2023 gesunken. Trotz allem ist in der letzten Zeit ein kleines Wachstum zu verzeichnen: Im Jahr 2024 wurden etwa 28.250 Videosprechstunden abgerechnet, was auf eine neue Balance zwischen digitaler und persönlicher medizinischer Versorgung hindeutet.

Die Wiederbelebung der Videosprechstunden bringt viele Fragen mit sich: Wer nutzt dieses Angebot am häufigsten, welche Fachrichtungen sind eher zurückhaltend, und welche Regionen in Sachsen-Anhalt sind Pioniere in der Telemedizin? Außerdem ist die Frage, ob Videosprechstunden langfristig im medizinischen Alltag etabliert werden können und welche Hindernisse es noch zu überwinden gilt. Es ist dabei ebenso entscheidend, dass die Patientinnen und Patienten die neuen Ansätze akzeptieren, wie dass die Ärzte und Psychotherapeuten bereit sind, ihre Arbeitsweise an diese neuen Möglichkeiten anzupassen.

Detaillierte Informationen über die Entwicklung der Videosprechstunden finden Sie bei der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt und dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung. Sie belegen nicht nur regionale und fachliche Unterschiede, sondern auch, dass die Telemedizin trotz ihres wahrgenommenen Nutzens in bestimmten Situationen noch einen vergleichsweise geringen Anteil an der Gesamtzahl der Behandlungsfälle hat. Obwohl das Niveau der Pandemiejahre bundesweit noch nicht erreicht ist, so zeigt der aktuelle Trend doch nach oben.

In acht thematisch strukturierten Abschnitten werden die Fortschritte, Schwierigkeiten und Zukunftsaussichten der Videosprechstunden in Sachsen-Anhalt betrachtet. Alles, von der historischen Entwicklung über die Unterschiede zwischen Land und Stadt bis hin zu den technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, wird umfassend betrachtet, was das Potenzial hat, das Gesundheitswesen nachhaltig zu verändern.

Historische Entwicklung der Videosprechstunden in Sachsen-Anhalt

In Deutschland wurden Videosprechstunden seit der zweiten Hälfte der 2010er Jahre eingeführt. Ursprünglich als Pilotprojekte eingeführt, hatte die Telemedizin das Ziel, insbesondere in ländlichen Gebieten Versorgungsengpässe zu schließen und die medizinische Betreuung zu erleichtern. Sachsen-Anhalt, das viele ländliche Gebiete und eine alternde Bevölkerung aufweist, wurde von Anfang an als möglicher Profiteur dieser Entwicklung betrachtet. Die Akzeptanz war jedoch anfangs gering, nicht zuletzt wegen technischer Schwierigkeiten und unklarer rechtlicher Rahmenbedingungen.

Ein entscheidender Schub kam mit der Corona-Pandemie, die ab März 2020 begann. Die Kontaktbeschränkungen, Lockdowns und Quarantänemaßnahmen, die damit verbunden waren, bewirkten ein radikales Umdenken im Gesundheitswesen. Die Videosprechstunde wurde über Nacht zu einem wichtigen Mittel, um den Kontakt zwischen Ärzten und Patienten aufrechtzuerhalten, ohne dass ein zusätzliches Infektionsrisiko entsteht. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt reagierte schnell und erteilte Genehmigungen für Ärzte und Psychotherapeuten, die sich für diese neue Form der Patientenversorgung interessierten.

Im Jahr 2021, während der Pandemie auf dem Höhepunkt, erreichte die Nutzung der Videosprechstunden mit etwa 42.600 abgerechneten Fällen im Bundesland ihren Höchststand. Im Vergleich zu den Vorjahren war diese Zahl ein riesiger Sprung und bewies, wie flexibel und anpassungsfähig das Gesundheitssystem in Krisenzeiten sein kann. Mit dem Rückgang der Pandemie und der Rückkehr zur Präsenzversorgung sank die Zahl der Videosprechstunden zunächst deutlich. Im Jahr 2022 wurden etwa 32.000 Fälle registriert, während es 2023 nur noch knapp 22.000 waren.

Die Videosprechstunde wurde trotz dieser Rückgänge nicht abgeschafft oder marginalisiert. Viele Praxen behielten das Angebot als Ergänzung zur klassischen Sprechstunde bei. Für das Jahr 2024 ist mit etwa 28.250 abgerechneten Videosprechstunden erneut ein Anstieg zu verzeichnen – dies deutet darauf hin, dass sich die Videosprechstunde in bestimmten Bereichen etabliert hat und man auf eine nachhaltige Integration ins Gesundheitssystem hoffen kann. Sachsen-Anhalt zeigt in dieser Hinsicht die bundesweiten Trends, obwohl die absoluten Zahlen im Verhältnis zur Gesamtzahl der behandelten Patienten noch gering sind.

Ein Blick auf die historische Entwicklung der Videosprechstunde verdeutlicht, wie externe Einflüsse wie Pandemien, aber auch technologische Fortschritte und demografische Veränderungen die Strukturen des Gesundheitswesens prägen können. Die Zukunft der Videosprechstunde ist jedoch ungewiss und wird von weiteren Fortschritten in den Bereichen Technik, Recht und Gesellschaft beeinflusst.

Chancen und Grenzen der Telemedizin

Es gibt eine große Variation in der Nutzung von Videosprechstunden, je nach medizinischer Fachrichtung. In Sachsen-Anhalt nutzen Hausärzte und Psychotherapeuten diese Form der Patientenkommunikation am häufigsten. Hausärzte haben den Vorteil, dass sie unkomplizierte Anliegen, Kontrollgespräche oder Befundbesprechungen digital erledigen können. Chronisch kranke oder immobile Patientinnen und Patienten profitieren besonders von der digitalen Sprechstunde; sie ist eine Erleichterung, weil sie den Weg in die Praxis nicht mehr auf sich nehmen müssen.

Auch psychotherapeutische Praxen gehören zu den Pionieren der Videosprechstunde. Die Behandlung von psychischen Erkrankungen benötigt nicht zwingend einen physischen Kontakt, weshalb die Telemedizin in diesem Bereich besonders vorteilhaft ist. In ihrer gewohnten Umgebung zu sprechen, empfinden viele Patientinnen und Patienten als angenehmer, was dazu beiträgt, Hemmschwellen abzubauen. Forschungen belegen, dass die Wirksamkeit vieler psychotherapeutischer Interventionen per Video der klassischen Gesprächspsychotherapie vor Ort in vielen Fällen vergleichbar ist.

Bei Fachrichtungen wie der Orthopädie oder bei Internisten mit Schwerpunkt Angiologie ist das jedoch anders. In Sachsen-Anhalt wird die Videosprechstunde deutlich weniger genutzt. Die Ursachen sind offensichtlich: Um viele Diagnosen und Therapien in diesen Bereichen zu stellen, sind körperliche Untersuchungen, bildgebende Verfahren oder spezielle technische Geräte notwendig. Die Videosprechstunde ist daher meist nur für Nachbesprechungen oder zur Klärung organisatorischer Fragen geeignet, jedoch nicht für die eigentliche Diagnostik oder akute Behandlungen.

Die Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung belegen, dass von den über 17 Millionen Behandlungsfällen im Jahr 2024 lediglich ein sehr kleiner Teil auf Videosprechstunden entfallen ist. Derzeit haben in Sachsen-Anhalt 917 Ärzte und 406 Psychotherapeuten die erforderliche Genehmigung, um Videosprechstunden durchzuführen und abzurechnen. Das Angebot wird jedoch von deutlich weniger Personen tatsächlich genutzt: Im Jahr 2024 rechneten nur 157 Ärzte und 254 Psychotherapeuten Videosprechstunden ab. Es scheint, dass die Bereitschaft, telemedizinische Angebote zu nutzen, nicht nur von den technischen Voraussetzungen abhängt, sondern auch von der Fachrichtung und ihren speziellen Anforderungen, was diese Diskrepanz zeigt.

Die variierenden Nutzungsraten zeigen, dass die Videosprechstunde kein Allheilmittel für die medizinische Versorgung ist, sondern nur in bestimmten Situationen sinnvoll eingesetzt werden kann. Es gilt, die Chancen dort zu nutzen, wo sie am größten sind, während wir die Grenzen der telemedizinischen Behandlung nicht aus den Augen verlieren.

Perspektiven und zukünftige Entwicklungen

In Sachsen-Anhalt variiert die Inanspruchnahme von Videosprechstunden nicht nur zwischen den Fachrichtungen, sondern auch zwischen den Regionen. Die Kassenärztliche Vereinigung hat die Zahlen ausgewertet und festgestellt, dass in den kreisfreien Städten Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mehr Videosprechstunden angeboten werden als in den ländlichen Gebieten des Bundeslandes. Auf den ersten Blick mag das überraschen, weil die Telemedizin häufig als Antwort auf die medizinische Unterversorgung in ländlichen Gebieten angepriesen wird.

Diese Entwicklung ist das Ergebnis mehrerer Faktoren. In den Städten sind die technische Infrastruktur und die Voraussetzungen für stabile Internetverbindungen sowie die Verfügbarkeit moderner Endgeräte in der Regel besser. Die Bevölkerung in urbanen Gebieten zeigt auch eine höhere digitale Affinität, was die Annahme neuer Technologien erleichtert. Außerdem haben städtische Arztpraxen oft die personellen und finanziellen Ressourcen, um telemedizinische Angebote zu implementieren und zu betreiben.

In ländlichen Gebieten bestehen nach wie vor infrastrukturelle Herausforderungen. Nicht jeder hat Zugang zu Breitband-Internet, und oft haben ältere Menschen größere Schwierigkeiten, digitale Anwendungen zu bedienen. Zudem sind die Arztpraxen oft so ausgelastet, dass sie zusätzliche Angebote wie die Videosprechstunde als zusätzlichen Aufwand empfinden. Der Bedarf an neuen Versorgungsmodellen im ländlichen Raum ist besonders hoch, weil die Wege zu Arztpraxen oft lang sind und der demografische Wandel die medizinische Unterversorgung hier verstärkt.

Die Daten deuten darauf hin, dass die Videosprechstunde zwar theoretisch ein Mittel zur Verbesserung der medizinischen Versorgung auf dem Land sein könnte, aber in der Praxis noch nicht ihr volles Potenzial erreicht. Es sind gezielte Maßnahmen erforderlich, um die regionale Kluft zu überwinden: Die digitale Infrastruktur muss ausgebaut werden, es sind Schulungen für Patienten und medizinisches Personal erforderlich, und es sollten Anreize für Praxen geschaffen werden, telemedizinische Angebote zu nutzen. Nur so ist es möglich, dass die Vorteile der Videosprechstunde allen Menschen in Sachsen-Anhalt zugutekommen – egal, ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben.

Fachspezifische Nutzung: Wer setzt auf die Videosprechstunde?

Ob Videosprechstunden erfolgreich umgesetzt werden können, hängt stark von den technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen ab. In Sachsen-Anhalt, wie auch im restlichen Bundesgebiet, ist die Videosprechstunde seit 2017 abrechnungsfähig, allerdings waren zu Beginn die Vorgaben für die technische Ausstattung und den Datenschutz sehr streng. Plattformen für die Videosprechstunde dürfen nur zertifizierte Anbieter bereitstellen. Sie müssen unter anderem eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bieten und den Schutz sensibler Gesundheitsdaten gewährleisten.

Um die Nutzung der Videosprechstunde während der Corona-Pandemie zu erleichtern, wurden einige Regeln vorübergehend gelockert. Die Zahl der erlaubten Videosprechstunden pro Arzt und Quartal wurde etwa erhöht und die Abrechnung vereinfacht. Nach dem Ende der pandemiebedingten Ausnahmesituation wurden viele dieser Sonderregelungen allerdings wieder aufgehoben, wodurch die Nutzung der Videosprechstunde erneut erschwert wurde. Es gelten wieder strengere Vorgaben, wie etwa zur Identitätsüberprüfung der Patienten und zur Dokumentation der Gespräche.

Um eine Videosprechstunde technisch einwandfrei durchführen zu können, ist es wichtig, dass beide Seiten eine stabile Internetverbindung haben. Es ist auch wichtig, dass geeignete Endgeräte wie Computer, Tablets oder Smartphones zur Verfügung stehen. In Sachsen-Anhalt ist dies nach wie vor eine Herausforderung, besonders in ländlichen Gebieten mit geringer Netzabdeckung. Es kommen Aspekte der IT-Sicherheit hinzu, sowie die Notwendigkeit, medizinisches Personal und Patienten im Umgang mit diesen Systemen zu schulen.

Ein weiteres Problem liegt in der Abrechnung. Obwohl die Videosprechstunde grundsätzlich abrechnungsfähig ist, bestehen noch Unsicherheiten bezüglich der Vergütung und der Erstattungsfähigkeit bestimmter Leistungen. Einige Ärzte zögern, das Angebot anzunehmen, weil sie einen höheren bürokratischen Aufwand fürchten oder besorgt sind, dass die Abrechnung im Nachhinein beanstandet wird.

Es ist rechtlich festgelegt, dass nicht alle medizinischen Leistungen für die Videosprechstunde geeignet sind. Um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten, dürfen bestimmte Untersuchungen, Diagnosen und Behandlungen ausschließlich in der Praxis stattfinden. Der Gesetzgeber hat einen Rahmen geschaffen, der die Chancen und Grenzen der Telemedizin klar definiert. Die Anpassung dieser Rahmenbedingungen wird entscheidend dafür sein, wie stark die Videosprechstunde in Zukunft genutzt wird und wo sie eingesetzt wird.

Regionale Unterschiede: Stadt versus Land

Ein entscheidender Faktor für die Verbreitung und den Erfolg der Videosprechstunde ist, wie sehr Ärzte und Patienten sie akzeptieren. Die Einführung der Telemedizin während der Corona-Pandemie war oft eine Notlösung; mittlerweile sind die Ansichten darüber jedoch vielfältiger. Viele Ärzte zeigen grundsätzlich Offenheit gegenüber neuen Versorgungsformen, aber es gibt auch Vorbehalte.

Ein wichtiger Aspekt ist die Besorgnis über die Qualität der medizinischen Versorgung. Die meisten Mediziner sind sich einig, dass eine fundierte Diagnostik und Behandlung oft einen persönlichen Kontakt erfordert. Sie finden, dass die Videosprechstunde vor allem für Befundbesprechungen, Kontrolltermine oder psychotherapeutische Gespräche geeignet ist, jedoch nicht für die Erstdiagnose oder bei akuten Krankheitsbildern. Es kommen auch Bedenken bezüglich des Datenschutzes und der IT-Sicherheit hinzu, die besonders bei sensiblen Gesundheitsdaten von großer Bedeutung sind.

Die Akzeptanz auf der Seite der Patienten ist ebenfalls nicht einheitlich. Die jüngere Generation, die mit digitalen Medien groß geworden ist, nutzt das Angebot gerne und schätzt die Flexibilität sowie die Zeitersparnis. Im Gegensatz dazu haben Patientinnen und Patienten im fortgeschrittenen Alter oder solche mit begrenzter Technikkompetenz oft größere Schwierigkeiten, Videoanwendungen zu nutzen. Trotz allem geben viele Praxen zu verstehen, dass die Nachfrage nach Videosprechstunden gerade in den Wintermonaten zunimmt, wenn das Risiko, sich durch Infekte anzustecken, höher ist.

Ein weiterer Vorteil der Videosprechstunde ist, dass sie die Arztpraxen entlastet. In Phasen hoher Auslastung können unkomplizierte Anliegen oft schneller und effizienter per Video geklärt werden. Die Telemedizin kann auch dazu beitragen, die Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern, wenn Patientinnen und Patienten lange Anfahrtswege vermeiden wollen oder müssen.

Es braucht Aufklärung und Information von beiden Seiten, um die Akzeptanz weiter zu erhöhen. Es ist wichtig, dass Patienten über die Chancen und Grenzen der Videosprechstunde aufgeklärt werden, während Ärzte und Praxisteams gezielte Schulungen erhalten sollten, um die technischen und organisatorischen Herausforderungen zu bewältigen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Videosprechstunde als sinnvolle Ergänzung zur klassischen medizinischen Versorgung wahrgenommen und genutzt wird.

Technische und rechtliche Rahmenbedingungen

Telemedizin, vor allem die Videosprechstunde, eröffnet dem Gesundheitswesen in Sachsen-Anhalt viele Chancen. Ein erheblicher Vorteil ist die Verbesserung der Erreichbarkeit medizinischer Versorgung, vor allem für Menschen in strukturschwachen oder abgelegenen Gebieten. Die digitale Sprechstunde kann Wege einsparen, Wartezeiten verkürzen und die Flexibilität für Patienten und Ärzte verbessern. Telemedizin kann besonders bei chronischen Erkrankungen oder in der Nachsorge eine wertvolle Ergänzung darstellen.

Ein weiteres Potenzial besteht darin, die Arztpraxen zu entlasten. Es ist nicht notwendig, dass alle medizinischen Anliegen persönlich in der Praxis vorgebracht werden. Über die Videosprechstunde lassen sich einfache Anliegen, Befundbesprechungen oder Kontrolltermine effizient klären. So können Kapazitäten für die Behandlung komplexerer Fälle geschaffen und die oft beklagte Überlastung im ambulanten Sektor gemildert werden.

In Zeiten von Epidemien oder saisonalen Grippewellen kann die Videosprechstunde auch dazu beitragen, das Infektionsrisiko zu minimieren. Patienten mit Infektsymptomen müssen nicht mehr unbedingt die Praxis aufsuchen; sie können sich zunächst digital beraten lassen. So werden nicht nur andere Patienten, sondern auch das medizinische Personal geschützt.

Trotz allem sind die Grenzen der Telemedizin offensichtlich. Eine persönliche Untersuchung, der Einsatz medizinischer Geräte oder bildgebender Verfahren sind Voraussetzung für viele Diagnosen und Therapien. Deshalb ist die Videosprechstunde nicht für jede Fachrichtung und jeden Anwendungsfall geeignet. Kommunikation über Video ist ebenfalls nicht immer das Gleiche wie ein persönliches Gespräch, vor allem wenn nonverbale Signale oder der unmittelbare Kontakt entscheidend sind.

Ein weiteres Problem ist die digitale Kluft. Nicht alle Gruppen der Bevölkerung haben den gleichen Zugang zu digitalen Technologien oder die erforderliche Kompetenz, um Videosprechstunden zu nutzen. Es besteht die Gefahr, dass die Telemedizin bestehende Ungleichheiten in der medizinischen Versorgung verstärkt.

In der Zukunft wird es eine Herausforderung sein, die Chancen der Telemedizin strategisch zu nutzen, während man die Grenzen nicht vergisst. Das umfasst alles von der fortlaufenden Verbesserung der technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen bis hin zur Förderung der Medienkompetenz und zur gezielten Aufklärung der Bevölkerung.

Akzeptanz bei Ärzten und Patienten

In Sachsen-Anhalt kann die Entwicklung der Videosprechstunden im Rahmen eines bundesweiten Trends betrachtet werden. Im Jahr 2024 wurden deutschlandweit etwa 2,7 Millionen abgerechnete Videosprechstunden gezählt, was einem Anstieg von fast 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist, wie das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung berichtet. Das Niveau der Pandemiejahre ist jedoch auch hier noch nicht erreicht.

Die Nutzung der Telemedizin variiert stark im Ländervergleich. In der Regel sind Großstädte und Ballungsräume die Nutzungsraten höher als in ländlichen Gebieten. Dies ist auf die verbesserte technische Infrastruktur, die höhere Dichte von Arztpraxen mit telemedizinischem Angebot und eine größere digitale Affinität der Bevölkerung zurückzuführen. In ostdeutschen Bundesländern wie Sachsen-Anhalt, die eine hohe Anzahl an ländlichen Gebieten und eine alternde Bevölkerung aufweisen, ist der Bedarf an neuen Versorgungsmodellen besonders groß. Trotzdem wird die Videosprechstunde auch hier nicht so oft genutzt, wie man erwarten würde.

Bundesweit nutzen vor allem Hausärzte, Kinder- und Jugendärzte sowie Psychotherapeuten die digitale Sprechstunde. Fachärzte aus Disziplinen, die eine körperliche Untersuchung erfordern, nutzen die Videosprechstunde seltener. Die Ursachen sind ähnlich wie in Sachsen-Anhalt: Technische Schwierigkeiten, das Fehlen einer Vergütungssicherheit und Unklarheiten über die rechtlichen Rahmenbedingungen behindern die Entwicklung.

Andere europäische Länder werfen einen Blick darauf, dass Deutschland im internationalen Vergleich noch Verbesserungsbedarf hat. In skandinavischen Ländern, den Niederlanden oder Großbritannien ist die Telemedizin weiter verbreitet und besser in das Gesundheitssystem integriert. Digitale Sprechstunden werden dort nicht nur als Ergänzung, sondern teilweise als eigenständiger Versorgungsweg genutzt.

Die bundesweite Einführung und Entwicklung der Videosprechstunden wird stark durch politische Entscheidungen gesteuert. Die Einführung von gesetzlichen Regelungen, die die Nutzung und Vergütung der Telemedizin unterstützen, könnte ein Weg sein, um die Verbreitung weiter zu steigern. Um sicherzustellen, dass alle Regionen und Bevölkerungsgruppen die Vorteile der Telemedizin nutzen können, ist es unerlässlich, dass wir die technische Infrastruktur kontinuierlich verbessern.

Telemedizin im bundesweiten Vergleich

Die Zukunft der Videosprechstunden in Sachsen-Anhalt und bundesweit ist von vielen Faktoren abhängig. Die bisherigen Fortschritte lassen erkennen, dass die Telemedizin kein kurzfristiger Trend ist, sondern sich möglicherweise als ein dauerhaftes Element der medizinischen Versorgung etabliert. Die Wiederbelebung der Videosprechstunden im Jahr 2024 zeigt, dass sie immer mehr akzeptiert und in den medizinischen Alltag integriert werden.

Eine zentrale Herausforderung bleibt es, die digitale Infrastruktur zu verbessern, besonders in ländlichen Gebieten. Ohne Breitbandzugang und moderne Endgeräte ist die Nutzung der Videosprechstunde weiterhin eingeschränkt. Auf Landes- und Bundesebene gibt es politische Initiativen, die darauf abzielen, die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranzubringen und die erforderlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Es ist auch notwendig, die rechtlichen und abrechnungstechnischen Vorgaben zu überarbeiten. Um die Telemedizin für Ärzte und Patienten attraktiv zu gestalten, sind eine klare und verlässliche Abrechnungsregelung, die Anerkennung telemedizinischer Leistungen durch alle Krankenkassen und eine kontinuierliche Anpassung an technische Neuerungen erforderlich.

Im Bereich der Aus- und Weiterbildung sind spezifische Aktionen notwendig, um medizinisches Personal und Patienten gleichermaßen auf die Nutzung der Videosprechstunde vorzubereiten. Unsicherheiten abzubauen und die Akzeptanz zu steigern, können Schulungen, Informationskampagnen und der Austausch von Best-Practice-Beispielen.

In der Zukunft könnten Videosprechstunden eine wichtige Rolle dabei spielen, die medizinische Versorgung in Sachsen-Anhalt und ganz Deutschland effizienter, flexibler und mehr im Sinne der Patienten zu gestalten. Die Telemedizin hat das Potenzial, den demografischen Wandel, den zunehmenden Fachkräftemangel und die Probleme der ländlichen Versorgung zu bewältigen. Es ist jedoch erforderlich, die bestehenden Hindernisse zu überwinden und die Chancen der Digitalisierung engagiert zu nutzen.

In den nächsten Jahren wird man sehen, wie sehr die Videosprechstunde als fester Bestandteil der medizinischen Versorgung etabliert ist und welche Veränderungen sie für das Gesundheitssystem in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus mit sich bringt. Die aktuellen Zahlen deuten erstmals an, dass wir auf dem Weg in eine digitalere Zukunft des Gesundheitsweses sind – obwohl noch viele Aufgaben zu erledigen sind.