Der Lehrermangel an deutschen Schulen ist seit Jahren ein immer wiederkehrendes Thema in der Politik und der Gesellschaft. Aber abgesehen von den Schlagzeilen über fehlende Unterrichtsstunden und überlastete Klassen wird eine weitere alarmierende Entwicklung immer deutlicher: Auch die Schulleitungen sind zunehmend von personellen Engpässen betroffen. In Sachsen-Anhalt und auch bundesweit ist an jeder vierten öffentlichen Schule mindestens ein Leitungsposten vakant, sei es die Position der Schulleitung oder die des Stellvertreters. Lehrkräfte müssen immer öfter in die Rolle der kommissarischen Verantwortung übernehmen. Verschiedene Faktoren sind für diese Entwicklung verantwortlich, darunter mangelndes Interesse, hohe Belastungen und strukturelle Schwierigkeiten im Bewerbungsverfahren. Ein oft unterschätzter, aber zentraler Bestandteil des Bildungssystems wird damit beleuchtet: Schulführung ist weit mehr als nur eine administrative Aufgabe; sie hat einen großen Einfluss auf das Lernklima, die Innovationskraft und somit auch die Qualität der Schulbildung.
In Sachsen-Anhalt zeigt sich ein Beispiel für ein Problem, das ganz Deutschland betrifft. Den offiziellen Informationen des Bildungsministeriums zufolge sind derzeit 78 Schulleiterstellen und 111 Stellvertreterposten an öffentlichen Schulen vakant. Grundschulen sind besonders betroffen; dort sind allein 57 Leitungsstellen unbesetzt. Selbst an weiterführenden Schulen bleibt die Suche nach geeigneten Führungspersönlichkeiten oft erfolglos. Um den Bewerberkreis zu erweitern und die Attraktivität der Positionen zu steigern, hat das Land in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Aber bisher bleibt der erhoffte Erfolg aus, und die Anzahl der kommissarisch geführten Schulen steigt kontinuierlich.
Die Auswirkungen auf die betroffenen Schulen sind erheblich. Leitungsaufgaben werden oft von Lehrkräften übernommen, die keine spezielle Qualifikation für diese Rolle haben und ohnehin schon stark belastet sind. Die Qualität der Schulentwicklung, die Steuerung von Personal und Ressourcen sowie die Unterstützung der Schülerinnen und Schüler leiden darunter. Zur gleichen Zeit wachsen die Erwartungen an Schulleitungen: Sie müssen moderne Führungskompetenzen besitzen, digitale Transformationsprozesse steuern, Konflikte moderieren und ein motivierendes Arbeitsumfeld schaffen. Viele potenzielle Bewerber meiden angesichts dieser Anforderungen den Schritt in die Leitung und bleiben lieber im Unterricht.
In Anbetracht dieser Situation ist die Frage, wie das Bildungssystem auf die Führungskrise reagieren kann. Reichen die bisherigen Maßnahmen aus, um mehr Lehrkräfte für Leitungsaufgaben zu gewinnen? Welche strukturellen Barrieren erschweren den Zugang zur Schulleitung? Und welchen Einfluss haben die aktuellen Regelungen auf die Schulqualität? Der Artikel untersucht die Gründe und Folgen des Leitungsmangels, bewertet die bisherigen Lösungsversuche und fragt nach den Zukunftsperspektiven der Schulführung in Deutschland.
Der aktuelle Stand: Zahlen, Fakten und regionale Schwerpunkte
Es ist kein neues Phänomen, dass Leitungsstellen an Schulen vakant sind; jedoch hat sich die Situation in den letzten Jahren deutlich verschärft. Im Jahr 2025 sind in Sachsen-Anhalt 78 Schulleiter- und 111 Stellvertreterpositionen unbesetzt. Das bedeutet, dass an jeder vierten der rund 750 öffentlichen Schulen eine Leitungsposition unbesetzt ist. Diese Zahlen zeigen eine Entwicklung, die man auch in anderen Bundesländern beobachten kann. Eine aktuelle Umfrage des Deutschen Lehrerverbands zeigt, dass deutschlandweit etwa jede fünfte Schulleitungsstelle zumindest zeitweise nicht regulär besetzt ist.
Die Problematik zeigt sich besonders deutlich im Bereich der Grundschulen. In Sachsen-Anhalt sind 57 der unbesetzten Schulleiterstellen dieser Schulform zugeordnet. Oftmals befinden sich Grundschulen in ländlichen Gebieten, wo der Lehrermangel ohnehin besonders ausgeprägt ist. Die geringen Schülerzahlen an vielen Grundschulen, die begrenzten finanziellen Mittel und personellen Ressourcen sowie die niedrigen Leitungszulagen machen es wenig verlockend, dort eine Führungsposition zu übernehmen. An Gymnasien und Gemeinschaftsschulen bleiben Stellen offen, wenn auch in geringerem Umfang.
Der Leitungsmangel konzentriert sich regional vor allem auf strukturschwache Gebiete. In ländlichen Gebieten Ostdeutschlands sowie in einigen Teilen Bayerns, Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens ist die Anzahl der Bewerber besonders gering. Neben dem demografischen Wandel und der Abwanderung junger Menschen sind auch die geringere Attraktivität der Standorte für auswärtige Lehrkräfte Ursachen dafür. Obwohl Städte und Ballungsräume weniger betroffen sind, berichten sie dennoch von Schwierigkeiten, qualifizierte Leitungskandidaten zu finden.
Problematisch ist nicht nur die Anzahl der unbesetzten Stellen, sondern auch, wie lange sie schon vakant sind. Monate oder sogar Jahre können vergehen, ohne dass viele Stellen besetzt werden, was die Lehrkräfte, die kommissarisch einspringen, dauerhaft belastet. Im schlimmsten Fall kann eine Abwärtsspirale entstehen: Bleibt eine Schule ohne reguläre Leitung, so steigen mit der Zeit die Schwierigkeiten und der Ruf der Schule als Problemstandort macht es immer schwieriger, geeignete Bewerber zu finden.
Offiziellen Statistiken zufolge werden lediglich die formell unbesetzten Stellen erfasst. In der Realität müssen an vielen Orten Lehrkräfte Führungsaufgaben übernehmen, obwohl sie dafür weder ausgebildet noch eingearbeitet wurden. Dies belastet nicht nur das Kollegium übermäßig, sondern entprofessionisiert auch die Schulführung, was langfristig die Qualität der Schulbildung beeinträchtigen kann.
Ursachen für den Mangel an Schulleitungen
Es gibt viele Gründe, warum der Mangel an Schulleitungen immer größer wird, von persönlichen Motivationsfragen bis hin zu strukturellen Schwierigkeiten im Bildungssystem. Ein entscheidender Aspekt ist die hohe Arbeitsbelastung, die man als Führungskraft hat. Die Aufgaben von Schulleiterinnen und Schulleitern sind vielfältig: Neben der Verantwortung für den Unterrichtsbetrieb müssen sie auch Personalführung, Budgetverwaltung, Schulentwicklung, Elternarbeit und immer häufiger auch die Themen Digitalisierung und Inklusion meistern. Für viele Bewerber ist diese Aufgabenfülle eine Abschreckung, besonders weil die Hilfe durch Verwaltung und Sachbearbeitung oft nicht ausreicht.
Ein weiterer Nachteil ist die Bezahlung. An kleinen Grundschulen empfinden viele Lehrkräfte die Leitungszulagen als unzureichend, um die zusätzlichen Aufgaben und die damit verbundene Verantwortung angemessen zu entlohnen. Außerdem variieren in einigen Bundesländern die Besoldungen von Schulleitungen je nach Schulform erheblich. Eine Schulleiterin an einer kleinen Grundschule verdient oft deutlich weniger als ihr Kollege an einem Gymnasium, obwohl die Herausforderungen vergleichbar groß sein können.
Auch die Wege zur Qualifizierung sind eine Hürde. In vielen Bundesländern muss man mehrere Jahre unterrichtet haben und spezielle Führungskräftetrainings erfolgreich absolviert haben, um sich für eine Leitungsstelle zu bewerben. Obwohl diese Vorgaben zur Sicherung der Qualität der Schulführung sinnvoll sind, schrecken sie doch viele potenzielle Bewerber ab, weil sie den Aufwand scheuen oder sich nicht gewachsen fühlen, ihn zu bewältigen. Seiteneinsteiger oder Lehrkräfte ohne spezifische Lehramtsausbildung für die ausgeschriebene Schulform zuzulassen, ist bislang nur in Ausnahmefällen möglich.
Ein weiterer Faktor, der die geringe Zahl der Bewerber beeinflusst, ist der gestiegene Erwartungsdruck. Die gesellschaftlichen Anforderungen an Schulen und ihre Führungspersonen haben in den letzten Jahren stetig zugenommen. Die Aufgaben von Schulleitungen umfassen weit mehr als nur sicherzustellen, dass der Unterricht problemlos läuft; sie müssen auch Innovationen fördern, die Digitalisierung steuern, Konflikte moderieren und ein positives Schulklima schaffen. Das traditionelle Selbstverständnis vieler Lehrkräfte, welches sich stark auf die pädagogische Arbeit im Klassenzimmer konzentriert, lässt sich nur schwer mit diesen Erwartungen in Einklang bringen.
Auch das Ansehen der Schulleitung ist nicht unwichtig. Medienberichte zeigen Schulleiterinnen und Schulleitern oft ein Bild von Überlastung und der schwierigen Lage, zwischen Verwaltung, Eltern und Politik zu stehen. Diese Sichtweise schreckt viele potenzielle Bewerber ab, da sie eine solche Position als wenig erstrebenswert empfinden. Die Konsequenz: Eine immer kleinere Zahl von Lehrkräften empfindet eine Leitungsfunktion als attraktiven Karriereschritt.
Auswirkungen auf den Schulalltag und die Schulqualität
Die Auswirkungen des Leitungsmangels auf den Schulalltag sind vielfältig und betreffen alle Beteiligten im Bildungssystem. Erstens führt die Vakanz von Schulleitungsstellen dazu, dass die Lehrkräfte, die kommissarisch die Schulleitung übernehmen, überlastet sind. Neben ihrem regulären Unterricht müssen sie oft zusätzliche administrative und organisatorische Aufgaben übernehmen, oft ohne jegliche Einarbeitung oder Unterstützung. Die Konsequenzen sind ein erhöhter Krankenstand, eine sinkende Motivation und im schlimmsten Fall eine Verschlechterung des Unterrichtsangebots.
Wenn Leitungsstellen fehlen oder nur interimistisch besetzt sind, hat das negative Auswirkungen auf die Qualität der Schulentwicklung. Schulleitungen spielen eine zentrale Rolle als Motoren für Innovation und Wandel an Schulen. Sie sind verantwortlich für die Initiierung von Fortbildungen, die Steuerung pädagogischer Konzepte, die Koordination der Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern und setzen Impulse für die Weiterentwicklung des Kollegiums. Ohne eine klare Führungspersönlichkeit kommen diese Abläufe zum Stillstand, und die Schule verliert ihre Dynamik.
Ein weiteres Problem ist die fehlende Kontinuität in der Schulleitung. Kommissarische Leitungen können oft keine langfristigen Projekte anstoßen oder umsetzen, weil ihre Position jederzeit neu besetzt werden kann. Das führt zu einer Unsicherheit im Kollegium und macht die Zusammenarbeit mit Eltern und Schülern schwierig. Gerade in Krisenzeiten – seien es Konflikte, Schulschließungen oder das Einführen neuer Lehrpläne – mangelt es an der benötigten Stabilität und Verlässlichkeit.
Auch die Personalentwicklung ist vom Leitungsmangel betroffen. Die Verantwortlichkeiten von Schulleitungen umfassen die Förderung und Beurteilung ihrer Kolleginnen und Kollegen, die Entscheidung über Fortbildungen sowie die Unterstützung junger Lehrkräfte beim Berufseinstieg. Wenn diese Aufgaben nicht erledigt werden, sinken die Zufriedenheit und die Bindung des Personals zur Schule. Dadurch verschärft sich der Lehrermangel weiter, weil immer mehr Lehrkräfte kündigen oder an andere Schulen wechseln.
Nicht zuletzt spüren auch die Schülerinnen und Schüler die Auswirkungen des Leitungsmangels. Eine Schule, die gut geführt wird, schafft ein positives Lernklima, unterstützt die Entfaltung individueller Stärken und gewährleistet Chancengerechtigkeit. Ohne Führung entstehen Unsicherheiten, der Druck auf die Leistung steigt und Konflikte nehmen zu. In sozialen Brennpunkten oder an Schulen mit hohem Förderbedarf sind die Auswirkungen besonders gravierend.
Maßnahmen zur Gewinnung von Schulleitungspersonal
Um den anhaltenden Herausforderungen zu begegnen, haben mehrere Bundesländer, Sachsen-Anhalt eingeschlossen, in den letzten Jahren Aktionen gestartet, um mehr Lehrkräfte für Leitungsaufgaben zu gewinnen. Eine wichtige Strategie ist es, die Bewerbungsverfahren zu öffnen. Die Anforderung, dass Bewerber mindestens fünf Jahre Unterrichtserfahrung vorweisen müssen, wurde in bestimmten Fällen angepasst. Lehrkräfte, die nicht das Lehramt für die ausgeschriebene Schulform besitzen, können sich mittlerweile ebenfalls bewerben. In Einzelfällen dürfen sogar Seiteneinsteiger ohne klassische Lehramtsausbildung unterrichten.
Es wurden auch finanzielle Anreize geschaffen, um die Attraktivität der Leitungspositionen zu erhöhen. In Sachsen-Anhalt kann man eine Zulage zahlen, wenn nach mehreren Ausschreibungen keine geeigneten Kandidaten gefunden wurden. In mehreren Bundesländern wurde die Besoldung ebenfalls angehoben, um die zusätzlichen Aufgaben und die Verantwortung angemessen zu honorieren.
Ein anderer Weg ist es, gezielt an den Führungskräften von morgen zu arbeiten. In zahlreichen Ländern gibt es spezielle Qualifizierungsprogramme für angehende Schulleiterinnen und Schulleiter, die Führungskompetenzen, Konfliktmanagement und Schulentwicklung beinhalten. Das Ziel ist es, die Motivation von potenziellen Bewerbern für Leitungsaufgaben frühzeitig zu wecken und die Einstiegshürden zu minimieren.
Außerdem wird ein Ansatz verfolgt, um das Zusammenspiel von Leitungsaufgaben und Privatleben zu verbessern. Frauen sollen durch flexible Arbeitszeitmodelle, Teilzeitoptionen und Job-Sharing-Modelle ermutigt werden, Führungspositionen anzustreben. In mehreren Bundesländern existieren außerdem Mentoring-Programme, bei denen erfahrene Schulleitungen ihr Wissen an die Führungskräfte von morgen weitergeben.
Die Erfolge dieser Maßnahmen sind bislang jedoch überschaubar. Im Jahr 2025 wurden in Sachsen-Anhalt fünf Ausschreibungen für Schulleitungsstellen für Seiteneinsteiger erstellt, aber nur eine Person nutzte die Gelegenheit, sich zu bewerben. Selbst auf Bundesebene ist der Anteil der Seiteneinsteiger in Schulleitungen extrem gering. Dies ist zum einen der hohen Komplexität der Aufgabe geschuldet, zum anderen den nach wie vor bestehenden Vorbehalten gegenüber unkonventionellen Karrierewegen im Schuldienst.
Herausforderungen und Widerstände bei der Umsetzung von Reformen
Die Reformen zur Gewinnung von Schulleitungspersonal haben in der Praxis mit vielen Schwierigkeiten und Widerständen zu kämpfen. Einerseits sind die Lehrerinnen und Lehrer skeptisch, wenn es darum geht, dass man die Leitungsstellen für Seiteneinsteiger oder Lehrkräfte anderer Schulformen öffnet. Eine Absenkung der Qualitätsstandards und eine Entwertung der eigenen Qualifikation befürchten viele. Auch Gewerkschaften und Berufsverbände äußern ihre Kritik und verlangen, dass Führungskräfte sorgfältig ausgewählt und qualifiziert werden.
Einerseits sind die Grenzen der Einführung finanzieller Anreize erreicht. Die Zahlung von Zulagen oder eine Besoldungserhöhung können die Attraktivität der Positionen kurzfristig verbessern, aber sie beheben nicht die grundlegenden Probleme der hohen Arbeitsbelastung und der fehlenden Unterstützung. Für viele Lehrkräfte ist die Schulleitung immer noch ein "24/7-Job", der eine Work-Life-Balance nahezu unmöglich macht.
Ein weiteres Problem stellt die Bürokratie im Bewerbungsverfahren dar. Ausschreibungen für Leitungsstellen sind oft verbunden mit umfangreichen Anforderungsprofilen, Bewerbungsunterlagen und Auswahlverfahren. Das schreckt viele potenzielle Kandidaten ab, vor allem diejenigen, die noch keine Führungserfahrung gesammelt haben. Die fehlende Transparenz bei der Auswahl und die lange Dauer der Verfahren werden ebenfalls häufig kritisiert.
Obwohl die Programme zur Qualifizierung angehender Schulleitungen grundsätzlich sinnvoll sind, gibt es auch hier Widerstände. Zusätzliche Fortbildungen werden von vielen Lehrkräften als Belastung in Bezug auf Zeit und Organisation empfunden, vor allem, wenn sie parallel zum regulären Unterricht stattfinden müssen. Außerdem mangelt es oft an praktischer Unterstützung im Schulalltag, wie durch Mentoring oder Coaching.
Schließlich sind auch die Schulträger und die Verwaltung skeptisch gegenüber flexiblen Arbeitszeitmodellen oder der Öffnung von Leitungsstellen für Teilzeitkräfte. In vielen Kommunen besteht die Sorge, dass dies zur Folge haben könnte, dass die Führungskraft nicht ausreichend präsent ist oder die Schulentwicklung nicht kontinuierlich vorangetrieben wird. Die Umsetzung neuer Modelle zur Besetzung der Leitungsstellen wird durch dieses Spannungsfeld erschwert.
Internationale Perspektiven: Wie andere Länder mit dem Leitungsmangel umgehen
Das Problem des Mangels an Schulleitungen ist nicht nur in Deutschland zu beobachten, sondern betrifft viele Länder weltweit. Andere Bildungssysteme verfolgen verschiedene Ansätze, um Schulleitungspersonal zu gewinnen und zu qualifizieren, wie ein Blick über den Tellerrand zeigt. In skandinavischen Ländern ist die Schulleitung eine angesehene Profession, die mit umfangreichen Fortbildungsangeboten und klaren Aufstiegschancen verbunden ist. In Finnland und Schweden wird die pädagogische Führung eng mit Managementkompetenzen verbunden, und es gibt gezielte Mentoring-Programme für den Führungskräftenachwuchs.
In Großbritannien gibt es seit einigen Jahren die "National Professional Qualification for Headship", ein verpflichtendes Qualifizierungsprogramm für alle, die Schulleitung werden wollen. Um eine Leitungsfunktion übernehmen zu können, ist die Teilnahme an diesem Programm Voraussetzung; es umfasst sowohl theoretische als auch praktische Inhalte. So soll gewährleistet werden, dass Führungskräfte nicht nur über fachliche Qualifikationen verfügen, sondern auch in der Lage sind, Personalführung und Schulentwicklung kompetent zu gestalten.
Australien und Neuseeland legen zunehmend Wert auf die Entwicklung von "Distributed Leadership", was bedeutet, dass Führungsaufgaben innerhalb des Kollegiums auf mehrere Schultern verteilt werden. So sollen Belastungsspitzen abgefangen und mehr Lehrkräfte dazu motiviert werden, Leitungsaufgaben zu übernehmen. Flexible Arbeitszeitmodelle und die Option, Führungspositionen zeitlich befristet oder in Teilzeit zu besetzen, flankieren diese Ansätze.
In den USA ist es in vielen Bundesstaaten so, dass man als Schulleiter oder Schulleiterin eine eigene Karriere verfolgt, wofür es spezielle Studiengänge und Zertifikate gibt. Die Auswahl der Bewerber erfolgt anhand eines Verfahrens, das neben der fachlichen Qualifikation auch die Führungsqualitäten und die persönliche Eignung berücksichtigt. Es existieren außerdem spezielle Programme, die Frauen und Minderheiten in Führungspositionen unterstützen.
Verschiedene Lehren für das deutsche Bildungssystem können aus den internationalen Erfahrungen gezogen werden. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Verbesserung der Schulleitung als Beruf: Sie sollte als eigenständiger Beruf mit klaren Entwicklungspfaden, attraktiven Rahmenbedingungen und kontinuierlicher Unterstützung anerkannt werden. Es wird jedoch auch deutlich, dass eine flexible und teamorientierte Führungskultur helfen kann, mehr Lehrkräfte für Leitungsaufgaben zu gewinnen und die Belastung auf mehrere Schultern zu verteilen.
Zukunftsperspektiven: Ansätze für eine nachhaltige Sicherung der Schulführung
In Anbetracht der fortdauernden Schwierigkeiten ist die Frage, wie die Schulführung in Deutschland langfristig gesichert und gestärkt werden kann, von großer Bedeutung. Ein wichtiger Ansatz ist, dass wir Führungskompetenzen schon während des Lehramtsstudiums und im Vorbereitungsdienst systematisch fördern. Die frühzeitige Sensibilisierung und Qualifizierung von Lehrkräften für Leitungsaufgaben soll durch das zeitnahe Erlernen von Management, Teamführung und Konfliktlösungskompetenzen erreicht werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist es, dass wir Schulleitungen von administrativen Aufgaben entlasten. In mehreren Bundesländern gibt es bereits Schulverwaltungsassistenten oder -manager, die der Schulleitung bei der Bürokratie, der Budgetverwaltung und der Organisation zur Seite stehen. So bleibt mehr Zeit für die pädagogische Leitung und die Entwicklung der Schule.
Auch die Einführung von flexiblen Arbeitszeitmodellen und die Möglichkeit, Leitungsstellen zu teilen, können dazu beitragen, dass mehr Lehrkräfte Führungsaufgaben übernehmen. In einigen Ländern sind Job-Sharing-Modelle für Schulleitungen, bei denen sich zwei Personen eine Stelle teilen, schon erprobt, und vielleicht sollten wir diese Modelle auch in Deutschland häufiger nutzen. Dies würde besonders Frauen und Teilzeitbeschäftigten den Zugang zu Führungspositionen erleichtern.
Die Förderung von Nachwuchsführungskräften und das Etablieren von Mentoring-Programmen sind weitere wichtige Bestandteile einer nachhaltigen Personalentwicklung. Mit der Unterstützung von erfahrenen Führungspersönlichkeiten können angehende Schulleitungen schrittweise und individuell an ihre Aufgaben herangeführt werden.
Last but not least, es ist wichtig, dass die Gesellschaft die Schulleitung aufwertet. Es ist wichtig, dass die öffentliche Wahrnehmung der Schulleitung als überforderte und zwischen allen Stühlen stehende Führungskraft durch ein positives Leitbild ersetzt wird. Das umfasst faire Bezahlung, ansprechende Entwicklungsperspektiven und eine stärkere Anerkennung der Leistungen von Schulleitungen durch Politik und Gesellschaft.
Die Rolle der Politik und der Bildungsverwaltung
Die Politik und die Bildungsverwaltung müssen sich vorrangig der Herausforderung stellen, den Leitungsmangel an Schulen zu bewältigen. Es ist Ihre Aufgabe, die Bedingungen für Schulleitungen so zu gestalten, dass mehr Lehrkräfte den Mut finden, die Führung zu übernehmen. Eine fortlaufende Überprüfung und Anpassung der Bewerbungsverfahren, Besoldungsstrukturen und Unterstützungssysteme ist dabei wichtig.
Ein wichtiger Ansatzpunkt ist, die Arbeitsbedingungen an Schulen zu verbessern. Die Entlastung der Schulleitungen und die Schaffung von mehr Zeit für pädagogische Aufgaben können erreicht werden, indem wir Bürokratie abbauen, Verwaltungsunterstützung anbieten und moderne IT-Systeme einführen. Die Bildungsverwaltung hat auch die wichtige Aufgabe, digitale Kompetenzen zu fördern und bei der Umsetzung von Innovationsprojekten zu unterstützen.
Es liegt in der Verantwortung der Politik, die Schulleitung durch gezielte Kampagnen und Informationsangebote attraktiver zu gestalten. Das umfasst unter anderem, potenzielle Kandidaten schon während der Ausbildung anzusprechen und aktiv für Diversität und Chancengleichheit in Führungspositionen zu sorgen. Es ist wichtig, dass wir die Öffnung der Leitungsstellen für Seiteneinsteiger und Lehrkräfte anderer Schulformen mit einer sorgfältigen Auswahl und Qualifizierung verbinden, um die Qualität der Schulführung zu gewährleisten.
Last but not least, ist es wichtig, dass die verschiedenen Akteure im Bildungssystem eng zusammenarbeiten. Es ist wichtig, dass Schulträger, Schulleitungsverbände, Gewerkschaften und die Wissenschaft zusammenarbeiten, um den Leitungsmangel zu beheben und die Zukunftsfähigkeit der Schulen zu sichern. Es braucht ein Bündel von Maßnahmen und Geduld über einen langen Zeitraum, um die Schulführung als Schlüsselposition im Bildungssystem zu stärken und für zukünftige Generationen attraktiv zu machen.