Die Linke verlangt verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung von Femiziden

Demonstration fordert Schutz vor Femiziden.

Frauen werden getötet, weil sie Frauen sind – dieses erschütternde Phänomen sorgt seit Jahren immer wieder für Entsetzen und gesellschaftliche Debatten. In Deutschland und international sind Femizide, also die Tötung von Frauen wegen ihres Geschlechts, ein ernsthaftes Problem, das stark in patriarchalen Strukturen verwurzelt ist. Trotz jahrzehntelanger Aufklärung, verschärfter Gesetze und Präventionsmaßnahmen ist die Zahl der betroffenen Frauen nach wie vor erschreckend hoch. Einzelfälle stehen immer wieder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, lösen Proteste und den Ruf nach politischen Konsequenzen aus. Abseits der Aufmerksamkeit der Medien stellt sich jedoch die Frage, wie ernsthaft die Gesellschaft und vor allem der Gesetzgeber wirklich gegen diese Form der geschlechtsspezifischen Gewalt vorgeht.

Im Jahr 2025 ist die Diskussion über Femizide und deren strafrechtliche Verfolgung wieder aufgeflammt. Auslöser sind mehrere tragische Tötungsdelikte in Sachsen-Anhalt, die für Aufsehen sorgten – diese Taten offenbaren nicht nur das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen, sondern machen auch die Schwachstellen im deutschen Rechtssystem und im gesellschaftlichen Umgang mit Gewalt gegen Frauen sichtbar. Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt hat diese Entwicklung genutzt, um mit einem umfassenden Antrag neue Impulse im Landtag zu setzen. Im Fokus steht die Forderung, den Femizid als eigenen Straftatbestand ins deutsche Strafgesetzbuch aufzunehmen. Das Ziel ist es, die besondere Motivlage solcher Taten nicht nur juristisch anzuerkennen, sondern auch eine deutlich härtere Bestrafung zu gewährleisten.

Diese Forderung ist alles andere als neu. Frauenrechtsorganisationen kämpfen seit vielen Jahren dafür, dass man Tötungsdelikte an Frauen differenziert betrachtet; sie kritisieren, dass diese meist nur unter den allgemeinen Tatbeständen Mord oder Totschlag subsumiert werden. Hintergründe und Motive – wie Besitzansprüche, patriarchale Vorstellungen von Ehre oder Kontrolle – wurden so oftmals nicht berücksichtigt. Die Linke berücksichtigt mit ihrem Antrag auch die Forderungen aus anderen Bundesländern: Schon im Mai 2025 brachte Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann die Idee eines eigenen Mordmerkmals für Femizide zur Sprache und machte auf die Notwendigkeit von lebenslangen Freiheitsstrafen für solche Taten aufmerksam.

Die Initiative der Linken umfasst jedoch mehr als nur strafrechtliche Aspekte. Es werden neben einer Bundesratsinitiative zur Einführung des neuen Mordmerkmals weitere Maßnahmen gefordert: spezielle Schulungen für Polizei- und Justizbeamte, intensivere Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung und eine bessere Unterstützung für betroffene Frauen. Die aktuellen Vorfälle aus Sachsen-Anhalt zeigen eindeutig, dass es dringend Handlungsbedarf gibt. Im August 2024 wurde in Weißenfels eine Frau von ihrem Partner angezündet, und in Genthin erlag eine junge Frau nach einer Messerattacke ihrem Ex-Partner schweren Verletzungen. Die Gesellschaft wurde durch beide Fälle herausgefordert, bestehende Strukturen und Handlungsmuster zu überprüfen, und sie fanden große Aufmerksamkeit.

Die Diskussion über Femizide in Deutschland betrifft nicht nur Strafrecht und Rechtsprechung; sie spiegelt grundlegende Herausforderungen im Umgang mit geschlechtsspezifischer Gewalt wider. Was kann man tun, um zu verhindern, dass Frauen wegen ihres Geschlechts getötet werden? Welche politischen, gesellschaftlichen und institutionellen Maßnahmen sind notwendig, um Femizide zu erkennen, zu verhindern und sie konsequent zu bestrafen? Der nachfolgende Artikel betrachtet die wichtigsten Aspekte der gegenwärtigen Debatte – von der rechtlichen Definition über statistische Erhebungen und Präventionsstrategien bis hin zum Einfluss von Politik, Polizei und Zivilgesellschaft.

Die Definition von Femizid und ihre gesellschaftliche Bedeutung

Femizid ist der Begriff für die Tötung von Frauen, weil sie Frauen sind. Im Gegensatz zu anderen Tötungsdelikten steht hierbei die spezifische Motivlage im Vordergrund: Frauen werden getötet, weil sie Frauen sind. Der Begriff hat seinen Ursprung in der feministischen Forschung und wurde in den 1970er Jahren von der britischen Soziologin Diana E.H. Russell eingeführt. Nach Russell ist Femizid "die vorsätzliche Tötung von Frauen durch Männer, weil sie Frauen sind". Der Begriff hat sich mittlerweile auch in der öffentlichen Debatte und in internationalen Menschenrechtsverträgen etabliert.

Femizide sind oft ein Zeichen für tief verwurzelte patriarchale Strukturen, in denen Frauen als Besitz oder untergeordnet gelten. Die Gründe für derartige Handlungen können sehr unterschiedlich sein: Sie umfassen alles von Eifersucht und Besitzansprüchen über die Trennungsabsichten der Frau bis hin zu sogenannten "Ehrenmorden" oder der Ablehnung, traditionelle Geschlechterrollen anzuerkennen. Psychische, physische oder sexualisierte Gewalt geht oft den Taten voraus. In diesem Kontext ist die Tötung der letzte, drastische Schritt einer gewalttätigen Eskalation.

International wird Femizid als eine spezifische Form von geschlechtsspezifischer Gewalt anerkannt. Nach der Definition der Vereinten Nationen ist Femizid "die Tötung von Frauen und Mädchen, weil sie Frauen sind". In Lateinamerika haben viele Länder bereits Femizide als eigenen Straftatbestand ins Gesetz aufgenommen. Die Istanbul-Konvention, ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, verlangt von den Unterzeichnerstaaten, dass sie Femizide statistisch erfassen und spezifische Maßnahmen dagegen ergreifen.

In Deutschland existiert bislang kein eigener Straftatbestand für Femizide. Mord oder Totschlag: Tötungsdelikte an Frauen werden so eingestuft, und die spezifische Motivlage wird nur selten in die Urteilsbegründung aufgenommen. So bleibt die gesellschaftliche Dimension von Femiziden oft unsichtbar. Frauenrechtsorganisationen üben Kritik, weil sie der Meinung sind, dass diese Form der Gewalt nicht ausreichend benannt und bekämpft wird. Aus genau diesem Grund verlangt die Linke, dass Femizid als eigenständiger Straftatbestand im deutschen Strafgesetzbuch aufgenommen wird.

Die gesellschaftliche Bedeutung der Femizid-Anerkennung geht über die individuelle Gerechtigkeit für die Opfer hinaus. Sie hat zudem eine wichtige Signalwirkung: Sie zeigt, dass Gewalt gegen Frauen kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem ist, das gesellschaftliche, politische und rechtliche Lösungen braucht. Um die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit geschlechtsspezifischer Gewalt zu vertiefen und um wirkungsvolle Präventions- und Strafmaßnahmen zu schaffen, ist es daher entscheidend, die Definition und rechtliche Einordnung von Femiziden zu diskutieren.

Aktuelle Statistiken und Entwicklungen in Deutschland

Es gibt erhebliche Schwierigkeiten, die Femizide in Deutschland zu erfassen und zu bewerten; (Hoffmann, 2023; S. 14). Es gibt keinen eigenen Straftatbestand für Tötungsdelikte an Frauen, weshalb sie bislang nur unter Mord, Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge statistisch erfasst werden. Die spezifische Motivlage – ob die Frau aufgrund ihres Geschlechts getötet wurde – bleibt in der polizeilichen Kriminalstatistik größtenteils unsichtbar. Trotzdem arbeiten einige daran, die Ausmaße des Problems präziser zu erfassen.

Wie das Bundeskriminalamt (BKA) berichtet, sind im Jahr 2023 in Deutschland 117 Frauen durch Partnerschaftsgewalt ums Leben gekommen. Es gibt auch viele versuchte Tötungen, schwere Körperverletzungen und andere Gewalttaten. In rund 50% der Fälle waren die Täter aktuelle oder ehemalige Partner. Wahrscheinlich ist die Dunkelziffer deutlich höher, weil nicht alle Taten als Femizide erkannt oder gemeldet werden.

Außerdem belegen die polizeilichen Statistiken die hohe Anzahl von Fällen häuslicher Gewalt. Im Jahr 2024 erfasste das BKA fast 150.000 Fälle von Partnerschaftsgewalt, wobei etwa 81 Prozent der Betroffenen Frauen waren. Die Delikte umfassen Bedrohung, Körperverletzung und sogar Tötungsdelikte. Die Werte sind seit Jahren hoch und haben sich selbst während der Corona-Pandemie nicht signifikant verringtert. Vielmehr glauben zahlreiche Fachleute, dass die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen, wie Kontaktbeschränkungen und Home-Office, die Situation für viele betroffene Frauen noch verschärft haben.

Eine besondere Schwierigkeit besteht darin, Femizide, die nicht in einer Partnerschaft stattfinden, statistisch zu erfassen. Dies umfasst "Ehrenmorde", bei denen Frauen von Verwandten getötet werden, weil sie angeblich die Familienehre verletzt haben, oder Tötungen, die mit Zwangsprostitution oder Menschenhandel in Verbindung stehen. Diese Fälle werden in der offiziellen Kriminalstatistik ebenfalls nicht gesondert aufgeführt.

Die Linke möchte mit ihrem Antrag auf einen eigenen Straftatbestand für Femizide auch, dass diese besser statistisch erfasst werden können. Femizide müssen als solche benannt werden, damit wir das Ausmaß und die Entwicklung dieser Problematik genau erfassen und analysieren können. Das ist eine entscheidende Voraussetzung, um zielgerichtete Präventions- und Interventionsmaßnahmen zu gestalten.

Deutschland ist im europäischen Vergleich mit seinen Zahlen nicht allein. In vielen Ländern sind Tötungen von Frauen durch Partner, Ex-Partner oder Familienangehörige ein weitverbreitetes Problem. Laut den Schätzungen der Vereinten Nationen erleidet jede dritte Frau weltweit im Laufe ihres Lebens Gewalt. Die internationale Verpflichtung und die Umsetzung von Menschenrechtsstandards, wie sie beispielsweise in der Istanbul-Konvention festgelegt sind, machen es notwendig, dass Femizide anerkannt und statistisch erfasst werden.

Juristische Debatte: Der Ruf nach einem eigenen Straftatbestand

In Deutschland wird die juristische Diskussion über die Schaffung eines eigenen Straftatbestands für Femizide seit einigen Jahren lebhaft geführt. Frauen, die getötet werden, sind bislang grundsätzlich unter den Tatbeständen Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu verfolgen. Das deutsche Recht kennt keine Unterscheidung nach Geschlecht oder Motivlage, zumindest nicht explizit. Obwohl die Mordmerkmale, wie niedrige Beweggründe, Heimtücke oder Grausamkeit, auf bestimmte Femizid-Fälle zutreffen können, erfassen sie nicht immer die besondere Dimension geschlechtsspezifischer Gewalt.

Befürworter eines eigenen Straftatbestands argumentieren, dass Femizide durch die bisherige rechtliche Einordnung unsichtbar gemacht werden und die strukturelle Dimension der Taten nicht ausreichend erfasst wird. Durch die Einführung des Begriffs Femizid ins Strafgesetzbuch könnte man die spezifische Motivlage – das Töten "wegen des Frauseins" – rechtlich abbilden und besonders bestrafen. Femizide sollen künftig immer mit lebenslanger Haft bestraft werden, wenn sie ein eigenes Mordmerkmal erfüllen, so die Vorschläge von Politikerinnen wie der niedersächsischen Justizministerin Kathrin Wahlmann.

Kritiker hingegen warnen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz im Strafrecht dadurch geschwächt werden könnte. Ihr Standpunkt ist, dass das Strafgesetzbuch bereits genügend Möglichkeiten bietet, um die besondere Verwerflichkeit von Tötungsdelikten an Frauen zu berücksichtigen. Es besteht auch die Gefahr, dass die Schaffung eines eigenen Straftatbestands zu einer Hierarchisierung der Opfer führen könnte. Auch die Frage der Abgrenzung – wann handelt es sich um einen Femizid, wann um eine "gewöhnliche" Tötung? – ist juristisch umstritten.

Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt sieht trotzdem, dass dringend gehandelt werden muss. Sie verlangt in ihrem Antrag nicht nur, dass ein eigenes Mordmerkmal für Femizide eingeführt wird, sondern auch eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuchs. Eine umfassende gesellschaftliche Diskussion über die juristische Anerkennung und Ahndung von Femiziden würde dadurch angestoßen. Die Forderung wird von zahlreichen Frauenrechtsorganisationen unterstützt, die seit Jahren die Lücken im deutschen Rechtssystem aufzeigen.

Es existieren schon internationale Vorbilder: In Ländern wie Mexiko, Argentinien oder Spanien hat man eigene Straftatbestände für Femizide geschaffen, um die besondere Dimension dieser Taten zu betonen und die Strafverfolgung zu verschärfen. Die Erfahrungen belegen, dass die juristische Anerkennung von Femiziden nicht nur die individuelle Schuld der Täter betont, sondern auch einen gesellschaftlichen Wandel ermöglichen kann. In Deutschland ist die Einführung eines eigenen Straftatbestands bislang umstritten – die Debatte im Jahr 2025 könnte jedoch zu einer Neubewertung führen.

Prävention und Opferschutz: Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt

Es braucht weit mehr als strafrechtliche Konsequenzen, um Femizide zu bekämpfen. Der Kampf gegen geschlechtsspezifische Gewalt stützt sich auf die wichtigen Säulen der Prävention und des Opferschutzes. Viele Femizide sind, wie zahlreiche Studien zeigen, das traurige Ende einer langen Eskalation häuslicher Gewalt; sie geschehen nicht einfach aus dem Nichts. Es ist also entscheidend, frühzeitig zu intervenieren und gefährdeten Frauen effektive Hilfsangebote zu machen.

Ein wichtiger Bestandteil der Prävention ist es, die Gesellschaft über die Warnsignale und die Entwicklungen von Gewaltbeziehungen aufzuklären. Viele Tötungsdelikte an Frauen sind das traurige Ende einer langen Geschichte von psychischer, physischer oder sexualisierter Gewalt. Oft sind es Partner, Ex-Partner oder Familienmitglieder, die das Leben der Frau kontrollieren und im Falle einer Trennung oder Zurückweisung mit tödlicher Gewalt reagieren. Aufklärungskampagnen, schulische Bildungsinitiativen und die Zusammenarbeit mit Multiplikatoren wie Ärzten, Sozialarbeitern oder Lehrern können helfen, gefährdete Frauen frühzeitig zu erkennen und zu unterstützen.

Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die Erweiterung von Frauenhäusern, Beratungsstellen und Notrufangeboten. Obwohl es in Deutschland ein Netz von Hilfseinrichtungen gibt, ist die Versorgungslage vielerorts angespannt. In ländlichen Gebieten mangelt es oft an ausreichend Frauenhausplätzen oder spezialisierten Beratungsangeboten. Frauen, die Gewalt erleben, haben nicht immer eine schnelle und einfache Möglichkeit, Hilfe zu bekommen. Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention hat Deutschland die Verpflichtung übernommen, ein umfassendes und bedarfsgerechtes Hilfesystem für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, bereitzustellen. In der Praxis gibt es hier noch einen erheblichen Nachholbedarf.

Neben der Erweiterung der Hilfsangebote verlangen Experten eine bessere Zusammenarbeit zwischen Polizei, Justiz, Jugendämtern und sozialen Diensten. Risikomanagement-Tools, die beispielsweise in Großbritannien oder Spanien verwendet werden, sind hilfreich, um besonders gefährdete Frauen zu erkennen und gezielt zu schützen. Das umfasst unter anderem Gefährdungsanalysen, regelmäßige Fallkonferenzen und den Einsatz von Schutzanordnungen. Die elektronische Fußfessel für Täter, Kontakt- und Annäherungsverbote sowie der Einsatz von Interventionsstellen haben sich in anderen Ländern als effektive Maßnahmen bewährt.

Die Linke fordert in ihrem Antrag deshalb nicht nur eine Verschärfung des Strafrechts, sondern auch spezielle Fortbildungen für Polizei- und Justizbeamte. Es soll erreicht werden, dass die Sensibilität für die Dynamik von Gewaltbeziehungen steigt und die Strafverfolgung konsequenter wird. Außerdem ist es wichtig, die Bevölkerung durch intensivere Aufklärungskampagnen über Femizide zu sensibilisieren. Gewalt gegen Frauen muss als gesellschaftliches Problem anerkannt und thematisiert werden, wenn wir die Chance nutzen wollen, Femizide nachhaltig zu verhindern.

Die Rolle von Polizei und Justiz bei der Verfolgung von Femiziden

Die Polizei und die Justiz sind entscheidend, wenn es darum geht, Femizide zu verfolgen und zu ahnden. Ob gefährdete Frauen Schutz erhalten, Täter verfolgt und gesellschaftliche Missstände aufgedeckt werden, hängt entscheidend von Ihrer Arbeit ab. In der Praxis zeigen sich jedoch immer wieder Defizite und Herausforderungen, die den Schutz von Frauen beeinträchtigen.

Ein häufiges Problem, das kritisiert wird, ist die fehlende Sensibilität vieler Polizeibeamter für die spezifische Dynamik von Gewaltbeziehungen. Forschungen und die Berichte von Betroffenen belegen, dass Anzeigen wegen häuslicher Gewalt oder Stalking nicht immer ernst genommen werden. Frauen, die sich an die Polizei wenden, erleben manchmal, dass ihre Anliegen nicht verstanden werden oder dass sie auf zivilrechtliche Wege verwiesen werden. So kann es passieren, dass gefährliche Situationen nicht erkannt und notwendige Schutzmaßnahmen nicht rechtzeitig umgesetzt werden.

Die Kommunikation zwischen Polizei, Justiz und anderen beteiligten Institutionen ist ebenfalls nicht immer optimal. Gefährdungslagen, Vorstrafen oder laufende Verfahren werden nicht immer ausreichend kommuniziert. Das macht es schwierig, das Gefährdungspotenzial zu beurteilen und erschwert eine koordinierte Intervention. Um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zu verbessern, haben einige Bundesländer spezialisierte Einheiten für häusliche Gewalt oder sogenannte "Femizid-Kommissionen" eingerichtet.

Im Justizsystem ist es ein Problem, dass die spezifische Motivlage bei Tötungsdelikten an Frauen nicht immer ausreichend berücksichtigt wird. Femizide werden oft als "Beziehungsdramen" oder "Eifersuchtstaten" verharmlost, was dazu führt, dass sie mit vergleichsweise milden Strafen geahndet werden. Die meisten Verurteilungen erfolgen wegen Totschlags und nicht wegen Mordes, was auch das Strafmaß beeinflusst. Frauenrechtsorganisationen sind der Meinung, dass die strukturelle Dimension der Taten dadurch unsichtbar wird und Täter von mildernden Umständen profitieren, weil sie nicht als solche anerkannt werden.

Aus diesem Grund verlangt die Linke, dass Polizei- und Justizbeamte gezielt in Bezug auf Femizide fortgebildet werden, um ihre Sensibilität zu erhöhen. Das umfasst Trainings zu Risikofaktoren, Erkennungsmerkmalen und geeigneten Schutzmaßnahmen. Es wird auch vorgeschlagen, dass Leitlinien zur Erfassung und Verfolgung von Femiziden eingeführt werden. Die Verbesserung der juristischen Aufarbeitung der Taten und die stärkere Berücksichtigung der gesellschaftlichen Dimension von Frauenmorden sind die Ziele.

Einige europäische Länder haben bereits spezialisierte Staatsanwaltschaften oder Sonderdezernate für geschlechtsspezifische Gewalt eingerichtet. Ihre Aufgabe ist es, Fälle von Femiziden prioritär zu verfolgen und die Opfer bestmöglich zu schützen. Die Erfahrungen belegen, dass eine Spezialisierung und Sensibilisierung der Ermittlungsbehörden dazu beitragen kann, die Aufklärungsquote zu erhöhen und eine konsequentere Strafverfolgung zu gewährleisten.

In Deutschland ist es eine Herausforderung für Polizei und Justiz, die bestehenden Lücken im Umgang mit Femiziden zu schließen und die gesellschaftliche Verantwortung für den Schutz von Frauen zu übernehmen. Die Forderungen der Linken nach spezialisierten Fortbildungen und einer besseren Koordination zwischen den Behörden sind entscheidend, um die Verfolgung und Ahndung von Femiziden zu verbessern.

Gesellschaftliche Ursachen und patriarchale Strukturen

Femizide sind kein zufälliges oder individuelles Phänomen, sondern spiegeln tief verwurzelte gesellschaftliche Strukturen wider. Die meisten Morde von Männern an Frauen sind kein Zufall; sie sind das Ergebnis eines patriarchalen Systems, in dem Frauen oft als Besitz angesehen werden und Machtverhältnisse ungleich verteilt sind. Deshalb ist die Untersuchung der gesellschaftlichen Ursachen ein wichtiger Teil der Diskussion über Femizide.

In zahlreichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sind patriarchale Strukturen erkennbar: in der Familie, am Arbeitsplatz, in den Medien und im öffentlichen Diskurs. Frauen begegnen häufig den traditionellen Rollenerwartungen, die von ihnen verlangen, dass sie sich unterordnen, gehorsam sind und Hingabe zeigen. Wer diese Erwartungen nicht erfüllt – sei es durch eine Trennung, den Widerstand gegen Kontrolle oder Gewalt oder das Führen eines selbstbestimmten Lebens – wird in manchen Fällen zur Zielscheibe von Gewalt. Femizide sind oft die Spitze eines Eisbergs, der Benachteiligung, Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen umfasst.

Die Berichterstattung der Medien und die Reaktionen der Gesellschaft auf Femizide sind oft ein Spiegelbild dieser Strukturen. Frauenmorde werden häufig als "Beziehungsdramen" oder "Tragödien" beschrieben, die die individuelle Schuld betonen und so die strukturellen Ursachen außer Acht lassen. Als emotional überfordert, eifersüchtig oder verzweifelt werden die Täter dargestellt, jedoch nicht als Teil eines Systems geschlechtsspezifischer Gewalt. Femizide werden durch diese Narrative individualisiert, was zur Folge hat, dass die Gesellschaft die Verantwortung dafür abwälzt.

Selbst auf der politischen Ebene sind patriarchale Strukturen zu erkennen. In Entscheidungspositionen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert, es gibt Widerstand gegen Gleichstellungsbemühungen und frauenfeindliche Einstellungen sind in Teilen der Gesellschaft nach wie vor verbreitet. Die Femizidproblematik als strukturelles Problem anzuerkennen, bedeutet also auch, die gesellschaftlichen Machtverhältnisse zu hinterfragen und Geschlechtergerechtigkeit ernsthaft umzusetzen.

Deshalb verlangen Frauenrechtsorganisationen nicht nur, dass das Strafrecht verschärft wird; sie fordern auch einen grundlegenden Wandel der Kultur. Hierzu zählen die Unterstützung von Gleichstellung und Selbstbestimmung, die Bekämpfung von Sexismus und Gewalt in allen Lebensbereichen sowie die Stärkung feministischer Sichtweisen in Bildung, Politik und Öffentlichkeit. Um die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Femiziden erfolgreich zu gestalten, ist es entscheidend, die tiefverwurzelten Ursachen zu erkennen und auf einen nachhaltigen Wandel von Strukturen und Einstellungen abzuzielen.

Die Diskussion über Femizide ist also auch ein Indikator dafür, wie es um die Gleichstellung in Deutschland steht. Die Forderung der Linken, geschlechtsspezifische Gewalt als strukturelles Problem zu erkennen und umfassend zu bekämpfen, ist ein wichtiger Punkt in einer Gesellschaft, die 2025 immer noch mit den Folgen patriarchaler Strukturen zu kämpfen hat.

Internationale Perspektiven: Erfahrungen mit dem Straftatbestand Femizid

Ein Blick über die Grenzen hinweg offenbart, dass Deutschland nicht der einzige Ort ist, der die Debatte über Femizide führt. Um die besondere Dimension geschlechtsspezifischer Tötungsdelikte sichtbar zu machen und die Strafverfolgung zu verschärfen, haben viele Länder bereits den Femizid als Straftat eingeführt. Internationale Erfahrungen liefern wichtige Einsichten für die Debatte in Deutschland.

In Lateinamerika ist der Begriff Femizid seit den 2000er Jahren ein fester Bestandteil des Rechtssystems. Bereits im Jahr 2007 führte Mexiko den Straftatbestand "Feminicidio" ein, um die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts explizit zu bestrafen. In Argentinien, Chile, Peru und anderen Ländern der Region existieren ähnliche Gesetze. Das Ziel ist es, die spezifische Motivlage der Taten zu identifizieren, die Strafverfolgung zu optimieren und die Gesellschaft zu sensibilisieren. Dank der Einführung des Straftatbestands werden Femizide nun besser erfasst und es können spezielle Ermittlungs- und Schutzmaßnahmen eingeleitet werden.

In Europa gehört Spanien zu den Vorreiterländern im Kampf gegen Femizide. Ein umfassendes Gesetzespaket gegen geschlechtsspezifische Gewalt wurde dort seit 2004 etabliert, das neben strafrechtlichen Regelungen auch Präventions-, Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen umfasst. Gewaltschutzspezialgerichte für Frauen, verpflichtende Schulungen für Polizei und Justiz sowie eine zentrale Femizidstatistik sind Standard. Die Erfahrungen belegen, dass wir durch eine strikte Umsetzung solcher Maßnahmen die Aufklärungsquote verbessern und die Gesellschaft stärker sensibilisieren können.

Die Istanbul-Konvention, die von den Vereinten Nationen und dem Europarat initiiert wurde, bietet einen internationalen Rahmen, der die Unterzeichnerstaaten dazu verpflichtet, Gewalt gegen Frauen umfassend zu bekämpfen. Das umfasst auch die statistische Erhebung und Analyse von Femiziden. In Reaktion darauf haben Länder wie Frankreich, Italien oder Österreich gezielte Aktionen zur Prävention und Strafverfolgung umgesetzt, darunter spezialisierte Polizeieinheiten, Schutzprogramme und Kampagnen gegen geschlechtsspezifische Gewalt.

Gegner der internationalen Straftatbestände weisen darauf hin, dass die Schaffung eines neuen Tatbestands nicht automatisch dazu führt, dass Femizide reduziert werden. Viel wichtiger ist es, dass wir Schutzmaßnahmen konsequent umsetzen, die Gesellschaft sensibilisieren und dass es politischen Willen braucht, um Gewalt gegen Frauen als strukturelles Problem zu bekämpfen. Die Erfahrungen belegen jedoch, dass die Anerkennung von Femiziden als eigene Straftat einen wichtigen symbolischen und praktischen Beitrag leisten kann.

In Deutschland zeigt der Blick ins Ausland, dass die Schaffung eines eigenen Straftatbestands für Femizide nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung ist. Es wäre sinnvoll, die Diskussion im Jahr 2025 nicht nur auf rechtliche Aspekte, sondern auch auf internationale Erfahrungen und bewährte Praktiken auszurichten.

Politische Initiativen und gesellschaftlicher Widerstand

In den letzten Jahren haben die Gespräche über Femizide und wie man mit geschlechtsspezifischer Gewalt umgeht, viele politische Initiativen hervorgebracht. Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und die SPD setzen sich für eine Verschärfung des Strafrechts, verbesserte Präventionsmaßnahmen und einen umfassenden Opferschutz ein. Im Jahr 2025 hat die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt erneut versucht, den Straftatbestand Femizid ins Strafgesetzbuch aufzunehmen.

Der Antrag beinhaltet neben der rechtlichen Neuerung auch die Forderungen nach spezifischen Fortbildungen für Polizei- und Justizbeamte, einer verbesserten statistischen Erfassung von Femiziden sowie einer verstärkten Aufklärung der Bevölkerung. Das Ziel ist es, ein gesellschaftliches Bewusstsein für das Ausmaß und die Ursachen von geschlechtsspezifischer Gewalt zu entwickeln und die staatlichen Schutzmechanismen zu verbessern. Die Linke bekommt Unterstützung von Frauenrechtsorganisationen, Fachverbänden und Teilen der Zivilgesellschaft, die seit Jahren auf die Dringlichkeit des Themas aufmerksam machen.

Parallel dazu trifft die Debatte auf Widerstand. Teile der politischen Landschaft äußern Bedenken bezüglich der Notwendigkeit eines eigenen Straftatbestands und warnen vor einer Sonderbehandlung bestimmter Opfergruppen. Gegner der Gesetzesänderung sind der Ansicht, dass das aktuelle Strafrecht bereits ausreichend sei und ein Femizid-Paragraph potenziell rechtliche Unsicherheiten schaffen könnte. Selbst die Frage, wie genau man den Begriff Femizid definieren sollte – wann handelt es sich um einen Femizid und wann nur um ein "gewöhnliches" Tötungsdelikt? – ist umstritten.

Auch in der Gesellschaft gibt es darüber unterschiedliche Meinungen. Während sich zahlreiche Menschen für einen konsequenten Schutz von Frauen einsetzen und Gedenkveranstaltungen, Protesten oder Solidaritätsaktionen bei diesem Thema unterstützen, gibt es auch die Meinung, der Begriff Femizid sei übertrieben oder sogar ideologisch motiviert. Die gesellschaftliche Diskussion über dieses Thema beweist, dass die Debatte über Geschlechtergerechtigkeit und Gewalt gegen Frauen in die Grundpfeiler der gesellschaftlichen Werte und Normen eingreift.

Im Jahr 2025 müssen politische Initiativen also die Herausforderung meistern, neue Maßnahmen einerseits gesellschaftlich breit zu akzeptieren und sie andererseits gesetzlich und praktisch wirksam umzusetzen. Die Lehren aus den Reformen der Vergangenheit machen deutlich, dass wir im Kampf gegen Femizide nur dann Fortschritte erzielen können, wenn politische Entschlossenheit und gesellschaftliche Unterstützung Hand in Hand gehen. Die Linke hat mit ihrem Aufruf, mehr gegen Femizide zu kämpfen, einen wichtigen Impuls in einer fortdauernden Debatte gesetzt, deren Ergebnis weitreichende Folgen für den Schutz von Frauen und die gesellschaftliche Gleichstellung in Deutschland haben wird.