US-Wissenschaftler strömen nicht in großer Zahl an deutsche Hochschulen

Leere Hörsäle trotz offener Türen.

Die Erwartung, dass hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA in den letzten Jahren vermehrt an deutsche Hochschulen kommen, hat sich leider als weitgehend unbegründet herausgestellt. Obwohl politische und gesellschaftliche Veränderungen in den USA – wie die Diskussionen über Abtreibungsrechte, Waffenbesitz oder die Freiheit der Wissenschaft – immer wieder Anlass zu Spekulationen geben, dass Forschende aus Unzufriedenheit ihre Heimat verlassen könnten, ist die Realität jedoch anders. Im Jahr 2025 verzeichnen die deutschen Hochschulen weiterhin stabile oder sogar rückläufige Zahlen bei den Bewerbungen aus den USA, sei es für Professuren oder andere wissenschaftliche Positionen. Die Erwartungen vieler Bildungspolitiker und Wissenschaftsmanager sind trotz der gezielten internationalen Rekrutierungsmaßnahmen noch nicht erfüllt.

Angesichts der zunehmenden Bedeutung von internationalen Wissenschaftskooperationen und des globalen Wettbewerbs um Talente ist dieses Thema von großer Wichtigkeit. Seit vielen Jahren wirbt Deutschland mit hervorragenden Forschungsbedingungen, relativ sicheren Arbeitsverträgen und einer offenen Gesellschaft. Trotzdem belegen die Zahlen, dass die Anzahl der US-amerikanischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich langfristig an deutschen Hochschulen niederlässt, weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. Es gibt viele Gründe dafür: von unterschiedlichen Karrierewegen über bürokratische Hindernisse bis hin zu kulturellen und finanziellen Faktoren. Selbst die häufig thematisierte "Abwanderung aus Frust" über politische Entwicklungen in den USA wird in der Realität meist durch familiäre Bindungen, berufliche Chancen und persönliche Netzwerke relativiert.

In den letzten Monaten haben die Medien das Thema wieder aufgegriffen. Anlass boten unter anderem Stellungnahmen deutscher Wissenschaftsorganisationen und Berichte über einzelne prominente US-Forschende, die Positionen in Europa angenommen haben. Eine umfassende Bewegung hat bislang jedoch gefehlt. Nach Angaben von Hochschulrektoren und Personalverantwortlichen handelt es sich um Einzelfälle, nicht um einen strukturellen Trend. Diese Bewertung wird durch die Zahlen des Statistischen Bundesamt und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gestützt: Obwohl US-Amerikanerinnen und Amerikaner als Gastwissenschaftler regelmäßig in deutschen Laboren und Seminarräumen anzutreffen sind, ist eine langfristige Bindung die Ausnahme.

Dieser Artikel untersucht die Hintergründe und Rahmenbedingungen dieser Entwicklung, analysiert die strategischen Maßnahmen der deutschen Hochschulen und stellt die Situation im internationalen Vergleich dar.

Internationale Wissenschaftsmobilität im Wandel

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich die internationale Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erheblich gewandelt. In der Vergangenheit waren es vor allem Austauschprogramme und befristete Forschungsaufenthalte, die das Bild prägten; heute ist der Wettbewerb um dauerhafte Stellen und die langfristige Bindung von Spitzenkräften ein zentrales Anliegen der Hochschulpolitik. Um globale Probleme wie den Klimawandel, die Digitalisierung oder Pandemien zu bewältigen, sind länderübergreifende Forschungsteams und Fachwissen notwendig, was internationale Karrieren umso attraktiver macht. Oftmals sind die Bedingungen an den Heimatuniversitäten entscheidend dafür, ob man überhaupt in Erwägung zieht, ins Ausland zu wechseln.

Im Jahr 2025 ist die Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zwar immer noch hoch, doch sie wird von unterschiedlichen Aspekten beeinflusst. Dazu zählen politische Stabilität, Unterstützung der Forschung, berufliche Perspektiven, Familienfreundlichkeit und gesellschaftliche Offenheit. Deutschland wird im internationalen Vergleich als ein attraktiver Standort angesehen, unter anderem wegen der hervorragenden Infrastruktur, der staatlichen Förderinitiativen wie dem Humboldt-Forschungsstipendium und der international anerkannten wissenschaftlichen Standards. Trotzdem ist es offensichtlich, dass viele hochqualifizierte Fachkräfte – vor allem aus den USA – zögern, den Atlantik dauerhaft zu überqueren.

Einer der Gründe dafür sind die Unterschiede im System der wissenschaftlichen Karriere. In den USA haben viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit, auf eine "Tenure-Track"-Professur hinzuarbeiten und dort eine langfristige Perspektive zu bekommen, während das deutsche System von befristeten Verträgen, einer späten Entfristung und komplizierten Berufungsverfahren geprägt ist. US-Forschende, die an ein anderes System gewöhnt sind, empfinden einen Wechsel oft als zu risikobehaftet. Außerdem sind die Gehälter für Professorinnen und Professoren in Deutschland im internationalen Vergleich oft geringer, was besonders für Bewerber mit Familie von Bedeutung ist.

Es ist wichtig, auch die persönlichen Beweggründe und Lebensumstände der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu berücksichtigen. Viele US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner haben enge familiäre Bindungen, sind Teil lokaler Netzwerke oder haben bereits feste Positionen, die sie nicht einfach aufgeben würden. Obwohl politische oder gesellschaftliche Veränderungen in den USA, wie die Debatten über die Wissenschaftsfreiheit, den Wunsch nach Veränderung verstärken können, sind sie selten der Grund dafür, dass ganze Gruppen das Land verlassen. Es sind vielmehr Einzelfälle, die medial oft überproportional wahrgenommen werden.

All diese Aspekte bewirken, dass die internationale Wissenschaftsmobilität zwar ein relevantes Thema bleibt, jedoch kein massenhafter Zustrom – wie etwa von US-Forschenden nach Deutschland – zu beobachten ist. Vielmehr wird die Szene von individuellen, strategischen Karrieren dominiert, die sich an persönlichen und beruflichen Interessen orientieren.

Die Erwartungen deutscher Hochschulen und der Realität

In den letzten Jahren haben Politiker immer wieder die Hoffnung geäußert, dass Deutschland als Wissenschaftsstandort von politischen und gesellschaftlichen Turbulenzen in den USA profitieren könne. Die Jahre nach 2016, als unter Donald Trump viele forschungspolitische Entscheidungen auf Widerstand stießen, erhielten dabei besondere Aufmerksamkeit. Die Hoffnungen auf 2025 sind in einigen Teilen der Hochschullandschaft immer noch vorhanden – nicht zuletzt wegen der weiterhin angespannten politische Situation in den Vereinigten Staaten.

In der Realität bleibt der große Ansturm jedoch aus. Es ist einheitlich von Hochschulrektorenkonferenzen und wissenschaftlichen Leitungen zu hören, dass die Zahl der Bewerbungen aus den USA für Professuren oder Leitungspositionen auf einem stabilen, aber keineswegs wachsenden Niveau verweilt. Es sind auch bei den Bewerbungen um Postdoc-Stellen oder Juniorprofessuren keine außergewöhnlichen Zuwächse zu beobachten. Vielmehr stehen deutsche Hochschulen im Wettbewerb mit Institutionen aus Kanada, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz und anderen europäischen Ländern um die gleiche Zielgruppe. Die Konkurrenz ist stark, und viele US-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entscheiden sich für Standorte, die ihnen kulturell und sprachlich vertrauter sind.

Ein weiterer entscheidender Aspekt ist, wie sichtbar offene Stellen sind. Obwohl deutsche Hochschulen in den letzten Jahren ihre Internationalisierungsstrategien verbessert und mehr Ausschreibungen in englischer Sprache veröffentlicht haben, ist der Zugang zu Informationen für potenzielle Bewerberinnen und Bewerber aus den USA oft eingeschränkt. Viele Fachbereiche und Ausschreibungen sind immer noch auf Deutsch verfasst, was besonders für jüngere Forschende eine Hürde darstellt.

Die Ausstattung der Stellen ist ebenfalls wichtig. In den USA sind Professuren oft mit umfangreichen Forschungsgeldern, eigenen Laboren und großzügigen Personalmitteln verbunden; in Deutschland hingegen müssen neue Professorinnen und Professoren oft mit begrenzten Ressourcen auskommen. Das macht es zusätzlich schwieriger, ins Ausland zu gehen. Obwohl Deutschland viele Förderprogramme hat, ist die Antragstellung kompliziert und man weiß nicht, wie es ausgeht.

Auch sind die Bewerbungsverfahren und Berufungskommissionen in Deutschland kompliziert und nicht leicht zu durchschauen. Der Aufwand, umfangreiche Unterlagen einzureichen und sich in mehrstufigen Auswahlverfahren zu beweisen, schreckt viele internationale Bewerber ab. Außerdem beeinflussen landesrechtliche Regelungen und universitätsinterne Besonderheiten oft die Entscheidung über eine Berufung, was die Planungssicherheit weiter einschränkt.

In diesem Licht betrachtet, erfüllt die Realität nicht die Erwartungen. Trotz internationaler Vernetzung und gezielter Werbemaßnahmen gelingt es deutschen Hochschulen bislang nicht, US-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler in größerem Umfang für eine dauerhafte Tätigkeit im Land zu gewinnen.

Politische und gesellschaftliche Entwicklungen in den USA als Push-Faktoren

In Deutschland wird die politische und gesellschaftliche Lage in den Vereinigten Staaten häufig als möglicher Grund für eine verstärkte Auswanderung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern angesehen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Polarisierung, der Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit und umstrittener Gesetzgebungsinititiativen – wie etwa im Bereich Abtreibung, Minderheitenrechte oder Klimapolitik – ist die Sorge um die Zukunft der freien Forschung besonders groß. Im Jahr 2025 bleiben diese Themen auf der politischen Agenda und werden öffentlich debattiert.

Die Erfahrungen der letzten Jahre beweisen jedoch, dass solche Veränderungen nicht unbedingt eine massenhafte Abwanderung zur Folge haben. Es gibt immer wieder bekannte Einzelfälle, in denen Forschende aus politischen Gründen das Land verlassen, um Repressionen zu entgehen oder um ihre wissenschaftliche Arbeit ohne Einschränkungen fortsetzen zu können. Diese Fälle sind selten, aber die Medien nehmen sie oft überproportional wahr.

Es ist vielmehr zu beobachten, dass viele US-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler trotz politischer Herausforderungen an ihren Heimatuniversitäten bleiben. Faktoren wie die enge Einbindung in bestehende Forschungsnetzwerke, laufende Drittmittelprojekte und familiäre Verpflichtungen spielen dabei eine Rolle. In den USA ist es oft so, dass der Aufbau einer wissenschaftlichen Karriere mit langfristigen Verträgen und stabilen Förderstrukturen verbunden ist, was einen Auslandswechsel unattraktiv macht. Außerdem haben viele Forschende in den USA einen hohen Status und bessere finanzielle Bedingungen als viele europäische Standorte.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, wie Universitäten als relative Schutzräume fungieren. Viele US-Hochschulen sehen es als ihre Aufgabe an, die Freiheit von Forschung und Lehre zu verteidigen und ihren Mitarbeitenden ein möglichst sicheres Arbeitsumfeld zu bieten. Even in the face of challenging political conditions, they often manage to maintain free spaces and limit the influence of external actors. Die Anziehungskraft deutscher Hochschulen als Fluchtpunkt wird dadurch gemindert.

Ebenso ist die Widerstandskraft und das Engagement der US-amerikanischen Wissenschaftsgemeinde nicht zu unterschätzen. Ein großes Engagement für demokratische Werte, Gleichberechtigung und wissenschaftliche Freiheit ist bei vielen Forschenden zu beobachten; sie fühlen sich als Teil eines gesellschaftlichen Auftrags. Aus politischen Gründen zu gehen, wird daher oft als Aufgabe des eigenen Wirkungsfeldes angesehen und ist nur selten die Wahl.

Es lässt sich zusammenfassen, dass politische und gesellschaftliche Veränderungen in den USA zwar als Push-Faktoren fungieren können, aber in der Realität nur selten zu einer umfassenden Abwanderung führen. Die Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist vielmehr ein individueller Prozess, der von vielen weiteren Aspekten beeinflusst wird.

Strukturelle Hürden im deutschen Wissenschaftssystem

Ein entscheidender Grund, warum US-Wissenschaftler nicht massenhaft deutsche Hochschulen anstürmen, sind die strukturellen Besonderheiten des deutschen Wissenschaftssystems. Obwohl Deutschland weltweit für seine Forschungsstärke und Innovationskraft bekannt ist, sind die Bedingungen für internationale Fachkräfte immer noch eine große Hürde.

Zu Beginn ist das deutsche Wissenschaftssystem durch eine große Anzahl befristeter Verträge geprägt. Vor allem der akademische Mittelbau – dazu gehören Postdocs, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Juniorprofessorinnen und -professoren – ist oft auf Zeitverträge angewiesen, was eine langfristige Planung erschwert. Obwohl es in den letzten Jahren durch die Einführung des "Tenure-Track"-Systems Fortschritte gegeben hat, sind die unbefristeten Stellen im internationalen Vergleich immer noch rar. Das deutsche Modell der Professur wirkt für viele US-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler, die in ihrem Heimatland frühzeitig auf eine lebenslange Professur hinarbeiten können, wenig ansprechend.

Ein weiteres Problem ist die administrative Komplexität. Die Anerkennung von Abschlüssen, das Einholen von Arbeitsgenehmigungen und die Beantragung von Fördermitteln erfordern einen erheblichen Aufwand. Für zahlreiche internationale Bewerberinnen und Bewerber wirken die Verfahren undurchsichtig und abschreckend. Außerdem sind die Ausschreibungen und Bewerbungsunterlagen oft in deutscher Sprache verfasst, was den Zugang zusätzlich erschwert.

Ein weiterer entscheidender Aspekt sind die Gehaltsstrukturen. Im Vergleich zu ihren Kolleginnen und Kollegen in den USA – vor allem an privaten oder forschungsstarken Universitäten – verdienen Professorinnen und Professoren in Deutschland im Durchschnitt deutlich weniger. Die Ausstattung der Lehrstühle mit Personal- und Sachmitteln ist oft bescheidener, was die Möglichkeiten zur eigenständigen Forschung einschränkt. Dieser Aspekt stellt einen erheblichen Nachteil für internationale Spitzenkräfte dar, die in den USA an große Budgets und weitreichende Autonomie gewöhnt sind.

Außerdem sind die Karrierewege erheblich unterschiedlich. In den USA ist der Prozess der Berufung auf eine Professur meist klar und linear, während in Deutschland viele Gremien, Berufungskommissionen und landesrechtliche Vorschriften involviert sind. Die Verfahren ziehen sich über lange Zeit, und das Ergebnis ist nicht immer vorhersehbar. Für internationale Bewerberinnen und Bewerber, die Planungssicherheit benötigen, ist dies ein erhebliches Hindernis.

Soziale und kulturelle Aspekte dürfen ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden. Um sich erfolgreich in das deutsche Hochschulsystem zu integrieren, braucht man Sprachkenntnisse, ein Verständnis für die Verwaltung und viel Geduld. Zahlreiche internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berichten von Schwierigkeiten, sich im bürokratischen Geflecht zurechtzufinden oder die notwendigen Netzwerke aufzubauen.

Die strukturellen Gegebenheiten sind der Grund dafür, dass viele US-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler zwar eine Zusammenarbeit mit deutschen Hochschulen interessant finden, aber nur selten den Schritt für einen dauerhaften Wechsel wagen.

Internationale Rekrutierungsstrategien deutscher Hochschulen

In Anbetracht des demografischen Wandels und des wachsenden Wettbewerbs um Talente hat die deutsche Hochschullandschaft seit einigen Jahren die Internationalisierung stärker in den Fokus gerückt. Das Ziel ist es, neben Studierenden auch erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Um dies zu erreichen, wurden zahlreiche Programme und Initiativen gestartet, die speziell auf die Bedürfnisse internationaler Fachkräfte eingehen.

Das Humboldt-Forschungsstipendium ist ein zentrales Instrument, mit dem jährlich mehrere Hundert herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt für befristete Forschungsaufenthalte nach Deutschland kommen. Die Alexander von Humboldt-Professur, die mit bis zu fünf Millionen Euro gefördert wird, ist ebenfalls speziell für internationale Spitzenkräfte gedacht. Es existieren auch viele Stipendienprogramme und Fördermöglichkeiten, unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) oder den Bundesländern.

In den letzten Jahren haben zahlreiche Hochschulen ihre eigenen Internationalisierungsstrategien erarbeitet. Das umfasst die Einrichtung von Welcome Centern für internationale Forschende, das Anbieten von Wohnraum, Sprachkursen und Hilfe bei bürokratischen Angelegenheiten. Um die Attraktivität für internationale Fachkräfte zu steigern, werden auch die Internationalisierung von Curricula sowie die Schaffung von Studiengängen und Ausschreibungen in englischer Sprache angestrebt.

Die Rekrutierung von US-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern bleibt trotz dieser Bemühungen eine Herausforderung. Obwohl die Programme international sehr gefragt sind, kommen die meisten Teilnehmenden aus Ländern wie China, Indien, Russland oder Brasilien. Bewerbungen aus den USA sind nur ein kleiner Teil. Darauf haben unter anderem die bereits angesprochenen strukturellen Barrieren, aber auch die große Anziehungskraft des US-amerikanischen Wissenschaftssystems Einfluss.

Ein weiteres Problem ist, dass deutsche Hochschulen in den USA kaum sichtbar sind. Während britische, kanadische und australische Universitäten aktiv in den USA werben und Partnerschaften aufbauen, sind deutsche Institutionen oft weniger sichtbar. Deutsche Hochschulen könnten ihr Profil schärfen, indem sie internationale Karrieremessen besuchen, mit Alumni-Vereinigungen zusammenarbeiten und gezielte Marketingkampagnen starten.

Die Anerkennung von Forschungsleistungen und Abschlüssen ist ebenfalls wichtig. Viele US-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Befürchtung, dass ein Aufenthalt in Deutschland ihre Rückkehr in die USA nachteilig beeinflussen könnte, sei es bei der Bewerbung um Professuren oder bei der Drittmitteleinwerbung. Es braucht transparente Verfahren und internationale Standards.

Alles in allem belegen die Erfahrungen der letzten Jahre, dass obwohl gezielte Rekrutierungsstrategien Erfolge bei der Internationalisierung erzielen, sie bislang nicht einen massenhaften Zustrom von US-Wissenschaftlern ermöglichen.

Karrierewege und Lebensbedingungen im Vergleich

Ein entscheidender Faktor bei der Wahl des Arbeitsortes ist der Vergleich der Karrierewege und Lebensbedingungen. In vielerlei Hinsicht unterscheidet sich das Wissenschaftssystem der USA von dem in Deutschland, was die Entscheidung für einen dauerhaften Wechsel erschwert.

In den USA ist das "Tenure-Track"-System der zentrale Baustein für die akademische Karriere. Schon nach wenigen Jahren im Amt als Assistant Professor kann man die Chance nutzen, eine volle Professur mit unbefristetem Vertrag zu bekommen. Das alles umfasst finanzielle Sicherheit, große Autonomie und ein hohes Maß an Unabhängigkeit. In Deutschland erhält man solche Perspektiven an Universitäten erst nach einer deutlich längeren Qualifikationsphase – oft erst nach der Habilitation oder nach mehreren Jahren als Juniorprofessor/in. Die Unsicherheit von befristeten Verträgen und die komplizierten Berufungsverfahren gelten als große Hindernisse.

Auch die Gehälter und die Rahmenbedingungen variieren erheblich. Während Professorinnen und Professoren an US-Universitäten – vor allem an forschungsstarken Einrichtungen – hohe Gehälter, umfangreiche Sach- und Personalmittel sowie eine exzellente Infrastruktur geboten werden, sind die Bedingungen an deutschen Hochschulen oft weniger komfortabel. Es gibt zwar einige Exzellenzuniversitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie die Max-Planck-Gesellschaft oder die Helmholtz-Gemeinschaft, die ähnliche Bedingungen bieten, aber die Anzahl dieser Positionen ist gering.

Im internationalen Vergleich sind die Lebensbedingungen in Deutschland als gut zu bewerten: Man genießt ein hohes Maß an Sicherheit, eine effektive Gesundheitsversorgung und ein vielfältiges kulturelles Angebot. Trotz allem bringen internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler immer wieder die Schwierigkeiten zur Sprache, die die Integration betreffen, vor allem in Bezug auf Sprache, Bürokratie und gesellschaftliche Teilhabe. Viele US-Forschende sind auch mit einem anderen Lebensstil vertraut, sei es in Bezug auf Wohnraum, Kinderbetreuung oder die Bedeutung von beruflichen Netzwerken.

Ein weiteres Merkmal ist die Mobilität in Europa. In den USA ist es oft unkompliziert, zwischen verschiedenen Universitäten zu wechseln, während die Karrierestrukturen in Europa stärker fragmentiert sind. Nationale Besonderheiten, unterschiedliche Rechtssysteme und Sprachbarrieren machen es schwierig, langfristige Karrieren zu planen. Dies trifft besonders auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Familie zu, die Stabilität und Kontinuität schätzen.

Nicht zuletzt ist die Würdigung wissenschaftlicher Leistungen wichtig. In zahlreichen Fachgebieten haben US-amerikanische Publikationen, Drittmittel und Netzwerke einen besonders hohen Stellenwert. Deshalb sehen einige einen Wechsel nach Deutschland als Risiko für die internationale Sichtbarkeit und Karriereentwicklung.

Die unterschiedlichen Lebens- und Karrierebedingungen sind entscheidende Gründe, warum sich viele US-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gegen einen dauerhaften Wechsel an deutsche Hochschulen entscheiden.

Internationale Kooperation statt Abwanderung

Die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den USA ist nach wie vor sehr lebhaft, auch wenn wir keinen massenhaften Zustrom von US-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern nach Deutschland beobachten. Internationale Kooperationen, gemeinsame Forschungsinitiativen und der Austausch von Gastwissenschaftlern formen die Forschungslandschaft und fördern deren Fortschritt.

In den Bereichen der Grundlagenforschung, der Medizintechnik, der Informatik und der Umweltwissenschaften haben Deutschland und die USA zahlreiche bilaterale Forschungsprogramme etabliert. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die National Science Foundation (NSF) unterstützen regelmäßig gemeinsame Initiativen, die den Austausch von Forschenden, das Organisieren von Workshops und die Entwicklung neuer Technologien ermöglichen.

Es bestehen auch auf institutioneller Ebene enge Verbindungen. Zahlreiche deutsche Hochschulen haben Partnerschaften mit US-Universitäten etabliert, um den Austausch von Studierenden, Lehrenden und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu fördern. Programme wie Doppelabschlussprogramme, Summer Schools und gemeinsame Graduiertenkollegs unterstützen den internationalen Austausch, ohne dass eine dauerhafte Abwanderung nötig ist.

Ein bedeutender Trend ist die verstärkte Nutzung digitaler Zusammenarbeit. Durch die Corona-Pandemie wurden die Möglichkeiten für virtuelle Zusammenarbeit erweitert, was dazu geführt hat, dass internationale Teams nun öfter in hybriden Formaten arbeiten. Dies erleichtert die Teilnahme an internationalen Projekten und verbessert die globale Vernetzung, ohne dass man dauerhaft umziehen muss.

In den letzten Jahren wurde auch die Finanzierung von internationalen Kooperationen verbessert. Es gibt zahlreiche Programme, die gezielt die Zusammenarbeit zwischen deutschen und US-amerikanischen Forschungseinrichtungen unterstützen, sei es durch gemeinsame Forschungsanträge, Austauschstipendien oder Innovationspartnerschaften.

Ein wesentlicher Treiber für Innovationen ist auch der Austausch unter Wissenschaftlern. Neue Ideen, die zur Bewältigung globaler Herausforderungen beitragen, entstehen, wenn wir unterschiedliche Sichtweisen und Fachwissen zusammenbringen. Die Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist ein wichtiger, aber nicht der einzige Aspekt.

Alles in allem ist festzustellen, dass der Trend weniger zur dauerhaften Auswanderung, sondern mehr zur intensiven internationalen Zusammenarbeit geht. Das ist ein Beitrag zur Stärkung des Wissenschaftsstandorts Deutschland und zur Verbesserung der globalen Wettbewerbsfähigkeit.

Perspektiven für die Zukunft: Herausforderungen und Chancen

Die Frage, ob und wie deutsche Hochschulen es 2025 schaffen können, mehr US-amerikanische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für eine dauerhafte Tätigkeit zu gewinnen, bleibt aktuell. Politik und Wissenschaftsmanagement müssen angesichts des demografischen Wandels, der Notwendigkeit eines internationalen Austauschs und der Schwierigkeiten im globalen Wettbewerb um Spitzenkräfte wichtige Entscheidungen treffen.

Eine wichtige Herausforderung bleibt es, die strukturellen Rahmenbedingungen zu verbessern. Das umfasst die Schaffung unbefristeter Stellen, die Vereinfachung der Berufungsverfahren und die Erhöhung der Gehälter sowie der Sachmittel. Nur so können deutsche Hochschulen im internationalen Vergleich konkurrenzfähig bleiben und Talente aus den USA sowie anderen Ländern langfristig binden.

Es ist ebenfalls sehr wichtig, internationale Bewerberinnen und Bewerber gezielt anzusprechen und zu unterstützen. Das umfasst englischsprachige Informationsangebote, die Vereinfachung bürokratischer Verfahren sowie Hilfe bei der Integration in das Hochschulsystem und die Gesellschaft. Die Welcome Center, das Mentoring-Programm und gezielte Marketingmaßnahmen sind wichtige Schritte, um die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Deutschland zu steigern.

Die Internationalisierung der Lehrpläne und der Ausbau internationaler Netzwerke sind ebenfalls bedeutende Maßnahmen. Eine Vertiefung der Beziehungen zwischen deutschen und US-amerikanischen Hochschulen ist möglich, indem wir gemeinsame Studiengänge, Forschungsprojekte und Graduiertenkollegs ausbauen. Dies verbessert nicht nur den wissenschaftlichen Austausch, sondern erhöht auch die Sichtbarkeit deutscher Institutionen weltweit.

Es ist zu berücksichtigen, dass die Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern immer vielfältigere Formen annimmt. Neben den dauerhaften Stellengewinnen rücken temporäre Aufenthalte, Projektarbeit und hybride Kooperationsmodelle zunehmend in den Fokus. Die Zukunftsaufgabe besteht darin, flexible und ansprechende Rahmenbedingungen zu entwickeln, die den verschiedenen Bedürfnissen internationaler Fachkräfte gerecht werden.

Last but not least, gesellschaftliche Offenheit ist von großer Bedeutung. Um als weltoffenes, tolerantes und innovatives Land zu gelten, muss Deutschland allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt ein Zuhause bieten. Langfristig gesehen ist das der einzige Weg, um den Wissenschaftsstandort zu stärken und weiterzuentwickeln.

In den nächsten Jahren werden wir sehen, ob und wie es gelingt, die bestehenden Herausforderungen zu meistern und die Chancen der Internationalisierung zu nutzen. Es ist bis jetzt festzustellen: Einen Ansturm US-amerikanischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf deutsche Hochschulen kann man auch 2025 nicht beobachten. Die internationale Vernetzung und Zusammenarbeit bieten viele Chancen, um den Wissenschaftsstandort Deutschland weiter zu stärken und zu profilieren.