Für viele Jugendliche in Deutschland ist der Einstieg ins Berufsleben ein bedeutender Meilenstein. Nach dem Schulabschluss beginnt die Suche nach einer Ausbildung oder einem Studienplatz – man startet in eine neue, selbstständige Lebensphase. Aber dieser Start wird immer mehr von einer großen Hürde dominiert, die für viele kaum zu überwinden ist: der Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Vor allem in Universitäts- und Großstädten wird es für Auszubildende und Studierende zunehmend schwierig, eine Wohnung oder ein WG-Zimmer zu finden, das man sich leisten kann. Seit Jahren steigen die Mietpreise, während Ausbildungsvergütungen und BAföG-Sätze der Entwicklung kaum hinterherkommen. Für viele heißt das: lange Wege zur Arbeit, Wochenend-Nebenjobs oder sogar zeitweises Wohnen auf der Couch von Freunden. Die Wohnungsnot hat sich zu einer sozialen Belastungsprobe entwickelt, deren Auswirkungen weit über die persönlichen Lebensumstände der Betroffenen hinausreichen.
Gewerkschaften und Sozialverbände schlagen Alarm: Die angespannte Wohnungssituation erschwert nicht nur den Berufsstart, sie gefährdet langfristig die Sicherung des Fachkräftenachwuchses. Immer mehr Unternehmen klagen über unbesetzte Ausbildungsplätze, weil es keine Bewerberinnen und Bewerber gibt, die am Arbeits- oder Ausbildungsort wohnen können. Gleichzeitig wächst die Besorgnis, dass sich soziale Ungleichheiten weiter verschärfen: Wer auf die finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen ist, hat oft bessere Chancen, eine Wohnung zu finden. Für zahlreiche junge Leute wird der Übergang in die Unabhängigkeit so zu einem besonderen Privileg.
Die Politik muss ebenfalls aktiv werden: Mit vielen Programmen und Initiativen wird versucht, die Situation zu verbessern. Aber Wohnungsbauprojekte schreiten oft zu langsam voran, und die Anzahl der öffentlich geförderten Wohnungen ist bei Weitem nicht ausreichend, um den Bedarf zu decken. In der Zwischenzeit verschlimmern sich die Probleme. In den Medien häufen sich die Berichte über Auszubildende, die täglich mehrere Stunden pendeln, weil sie sich eine Wohnung am Ausbildungsort nicht leisten können, oder über Studierende, die einen Großteil ihres Einkommens für die Miete aufbringen müssen.
Es gibt zahlreiche Auswirkungen der Wohnungsnot auf den Berufseinstieg. Neben den direkten finanziellen Belastungen sind auch psychische Gesundheit, Studien- und Ausbildungserfolg sowie Chancengleichheit betroffen. Die Schwierigkeit, bezahlbaren Wohnraum zu finden, beeinflusst das Leben junger Menschen und stellt Gesellschaft, Wirtschaft und Politik vor große Herausforderungen. In acht Abschnitten behandelt der folgende Artikel die wichtigsten Aspekte dieses Problems – angefangen bei der aktuellen Wohnungssituation über die wirtschaftlichen Konsequenzen bis hin zu politischen Lösungsansätzen.
Die aktuelle Wohnungsmarktsituation für junge Menschen
In den letzten Jahren ist der Wohnungsmarkt in Deutschland, vor allem in Ballungszentren und Universitätsstädten, erheblich angespannt worden. Wie das Statistische Bundesamt berichtet, sind die Mietpreise in Großstädten wie München, Berlin, Hamburg oder Frankfurt seit 2010 um über 40 Prozent gestiegen. Die Nachfrage nach Wohnraum wächst stetig, doch das Angebot an günstigen Wohnungen kann dem nicht gerecht werden. Junge Menschen, die zum Studium oder zur Ausbildung zum ersten Mal von zu Hause ausziehen und oft nur über ein begrenztes Einkommen verfügen, sind besonders betroffen.
Studierende und Auszubildende haben es besonders schwer, eine Wohnung zu finden. Eine Studie des Deutschen Studentenwerks aus 2023 zeigt, dass die durchschnittliche Warmmiete für ein WG-Zimmer in Großstädten mittlerweile über 500 Euro beträgt. In beliebten Universitätsstädten wie München oder Stuttgart liegen die Preise sogar über 700 Euro. Oftmals deckt die Ausbildungsvergütung diese Kosten kaum. Auch BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger haben mit finanziellen Grenzen zu kämpfen, denn die Wohnpauschale des BAföG beträgt aktuell 360 Euro im Monat – ein Betrag, der selten mit der realen Marktsituation konkurrieren kann.
Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an öffentlich geförderten Wohnheimplätzen. Wie das Deutsche Studentenwerk berichtet, gab es im Jahr 2022 nur 240.000 Plätze für etwa 2,9 Millionen Studierende. Die Lage für Auszubildende ist noch schlimmer: Sie sind bei vielen Wohnheimplätzen nicht berücksichtigt und müssen sich auf dem freien Wohnungsmarkt behaupten. In urbanen Gebieten ist die Konkurrenz um Wohnraum besonders groß: Berufstätige Singles, junge Familien und andere Wohnungssuchende haben oft ein höheres oder gesicherteres Einkommen.
Außerdem haben Vermieterinnen und Vermieter oft Bedenken, jungen Menschen mit befristeten Verträgen oder geringem Einkommen eine Wohnung zu geben. Die Konsequenz: Viele junge Erwachsene müssen Kompromisse akzeptieren, sei es durch lange Pendelstrecken, beengte Wohnverhältnisse oder überteuerte Zwischenmieten. Immer mehr scheint der Wohnungsmarkt als soziale Schranke zu fungieren – er macht den Einstieg ins Berufsleben erheblich schwieriger.
Auswirkungen auf Ausbildung und Studium
Die Wohnungsnot beeinflusst Ausbildungs- und Studienverläufe direkt und indirekt. Ohne bezahlbaren Wohnraum müssen junge Menschen oft entscheiden, ob sie lange Anfahrtswege in Kauf nehmen oder ihr Berufsziel ganz aufgeben. Eine Untersuchung der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zeigt, dass viele Auszubildende bis zu zwei Stunden pro Strecke pendeln müssen, um zu ihrem Ausbildungsplatz zu gelangen. Eine solche Belastung verursacht nicht nur einen erheblichen Zeitverlust, sondern beeinträchtigt auch die Konzentration und die Leistungsfähigkeit.
Auch Studierende sind betroffen: Wenn ein großer Teil ihres Einkommens für die Miete draufgeht, können sie sich nur eingeschränkt auf ihr Studium konzentrieren. Um die finanzielle Belastung zu bewältigen, haben viele jungen Menschen neben dem Studium oder der Ausbildung mehrere Nebenjobs. Die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks zeigt, dass etwa zwei Drittel der Studierenden aktuell neben dem Studium arbeiten – oft nicht aus dem Wunsch nach Berufserfahrung, sondern aus finanzieller Notwendigkeit. Das Resultat sind längere Studienzeiten, höhere Abbruchquoten und ein gesteigertes Stressniveau.
Selbst die Chancengleichheit im Bildungssystem ist davon betroffen. Die Unterstützung der Eltern erhöht die Chancen, eine Wohnung in der Nähe der Ausbildungs- oder Hochschule zu finanzieren, wenn man darauf angewiesen ist. Im Gegensatz dazu müssen junge Menschen aus weniger begünstigten Verhältnissen häufig Abstriche machen oder sogar auf eine Ausbildung im Wunschberuf verzichten. Soziale Ungleichheiten werden dadurch verstärkt und die Durchlässigkeit des Bildungssystems verringert.
Diese Auswirkungen sind auch im Ausbildungsmarkt zu beobachten: Immer mehr Betriebe haben Schwierigkeiten, offene Ausbildungsplätze zu besetzen – vor allem in teuren Städten. Bewerberinnen und Bewerber ziehen kurzfristig ihre Bewerbung zurück, weil sie keine bezahlbare Unterkunft finden können. Aus diesem Grund bleiben einige Ausbildungsstellen unbesetzt. Die Wohnungsnot wirkt wie ein Flaschenhals für die Ausbildung und den Aufbau von Fachkräften – was weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft hat.
Soziale und psychische Belastungen für Betroffene
Die Herausforderungen am Wohnungsmarkt gehen über finanzielle Aspekte hinaus. Die Wohnungssuche wird für viele junge Menschen zu einer großen psychischen Belastung. Die Ungewissheit, keine feste Unterkunft zu finden, stresst, macht Angst und führt zu einem Gefühl der Ohnmacht. Fachleute der Psychologie beobachten, dass immer mehr junge Erwachsene das Gefühl haben, durch ihre Wohnsituation überfordert zu sein.
Ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum hat Auswirkungen auf das gesamte Lebensgefühl. Für viele bedeutet der Auszug aus dem Elternhaus die Hoffnung auf Selbstständigkeit, das Knüpfen neuer Freundschaften und die persönliche Entwicklung. Wird dieser Schritt durch die Wohnungsnot erschwert oder gar blockiert, leidet das Selbstwertgefühl. Die Wohnungssuche ist häufig geprägt von hohen Kosten, Unsicherheiten und vielen Absagen. Viele junge Leute sagen, dass sie das Gefühl haben, wie Bittsteller zu sein oder mit vielen anderen um ein Zimmer zu konkurrieren.
Die psychische Belastung wirkt sich auch auf die Leistungen in der Ausbildung und im Studium aus. Die Leistungsfähigkeit von jemandem, der nach einem langen Arbeitstag oder einer langen Strecke noch lernen muss, ist oft eingeschränkt. Die ständige Belastung, die Miete zahlen zu müssen oder eine neue Unterkunft finden zu müssen, kann Schlafprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten und im schlimmsten Fall Depressionen oder Angststörungen verursachen. Deshalb schlagen Sozialverbände Alarm: Die Wohnungsnot ist nicht nur ein wirtschaftliches Problem, sondern betrifft auch die psychische Gesundheit.
Ein weiteres Anliegen ist die soziale Isolation. Weil viele junge Menschen weit weg von ihrem Ausbildungs- oder Studienort wohnen, können sie sich nur eingeschränkt am sozialen Leben beteiligen. Lange Wege oder finanzielle Einschränkungen erschweren es, an Lerngruppen, kulturellen Veranstaltungen oder studentischen Aktivitäten teilzunehmen. Eine Entfremdung von Gleichaltrigen und eine Schwächung der sozialen Bindungen, die in dieser Lebensphase besonders wichtig sind, sind also die Folgen.
Auch die Wohnqualität ist oft betroffen: Überbelegte WGs, befristete Zwischenmieten oder provisorische Unterkünfte sind keine Seltenheit. Manchmal ist es so, dass junge Menschen sogar vorübergehend auf den Sofas von Freunden übernachten oder in unsanierten, überteuerten Wohnungen leben müssen. Die ständige Ungewissheit, ob man jederzeit ausziehen muss, erschwert die langfristige Lebensplanung und beeinträchtigt das Wohlbefinden.
Wirtschaftliche Risiken für Unternehmen und Gesellschaft
Die Wohnungsnot junger Menschen betrifft nicht nur den Einzelnen; sie hat auch ernsthafte wirtschaftliche Konsequenzen. Immer mehr Unternehmen müssen erleben, dass sie Ausbildungsplätze und Stellen für Berufseinsteiger nicht besetzen können, weil potenzielle Bewerberinnen und Bewerber an den Wohnkosten scheitern. In Regionen, wo der Wohnungsmarkt angespannt ist, ist es besonders häufig zu beobachten, dass Firmen von einer Zunahme unbesetzter Ausbildungsplätze berichten.
Dadurch erleidet die Wirtschaft einen Verlust an dringend benötigten Fachkräften. Die Situation wird durch den demografischen Wandel noch verschärft: Die Generation der berufstätigen Eltern geht in den Ruhestand, während es an Nachwuchs mangelt. Eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahre wird es sein, den Bedarf an Fachkräften zu sichern. Ohne eine Erleichterung des Zugangs zur Arbeitswelt für junge Menschen, drohen langfristige Engpässe in wichtigen Sektoren – vom Handwerk über die Industrie bis hin zur Pflege und der IT.
Die Wohnungsnot hat ebenfalls Auswirkungen auf die regionale Entwicklung. Obwohl Unternehmen in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten oft günstigeren Wohnraum anbieten, können sie nicht mit den Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten der großen Städte konkurrieren. In den Großstädten sind spannende Arbeitgeber zu finden, aber der Wohnungsmarkt ist abschreckend. Auf diese Weise entsteht eine Schieflage, die für Unternehmen und Kommunen gleichermaßen problematisch ist.
Die gesamtgesellschaftlichen Kosten sind erheblich: Ausbildungsabbrüche, verlängerte Studienzeiten und verpasste Karrieren sind nicht nur persönliche Verluste, sondern auch wirtschaftliche Einbußen. Die Gesellschaft verliert an Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit, wenn junge Menschen scheitern, weil sie keine passende Wohnung finden. Aus diesem Grund warnt die IG Metall vor einem "massiven wirtschaftlichen Risiko", das über Jahre hinweg die deutsche Wirtschaft schwächen könnte.
Außerdem wirkt sich die Wohnungsnot negativ auf die sozialen Sicherungssysteme aus. Wer aufgrund der hohen Mieten staatliche Hilfe in Anspruch nehmen muss oder die Ausbildung abbricht, bleibt länger im Niedriglohnsektor oder rutscht ins Prekariat. Auch gesundheitliche Folgen durch Stress und Überforderung verursachen langfristig Kosten für das Gesundheitssystem. Die Wohnungssituation junger Menschen ist deshalb nicht nur eine soziale, sondern auch eine wirtschaftliche Herausforderung, die politisches Handeln notwendig macht.
Regionale Unterschiede und besondere Problemlagen
In Deutschland ist die Wohnungsnot junger Menschen sehr unterschiedlich zu beobachten. Während die Mietpreise in den Metropolen und Universitätsstädten besonders hoch sind, gibt es in ländlichen Regionen oder strukturschwachen Gebieten teilweise Leerstände und sinkende Mieten. Jedoch sind mit diesen regionalen Differenzen auch spezifische Problemlagen verbunden.
In Städten wie München, Frankfurt, Hamburg oder Berlin ist die Nachfrage nach Wohnraum weitaus größer als das Angebot. Hier kämpfen Studierende, Auszubildende, Berufseinsteiger, Familien und Zuzügler aus dem Ausland um die wenigen verfügbaren Wohnungen. Das Resultat sind stark ansteigende Mieten und eine hohe Fluktuation auf dem Wohnungsmarkt. Ohne ein familiäres Netzwerk vor Ort hat man oft keine Chance auf dem freien Markt, wenn man keinen Platz im Wohnheim bekommt.
Auch in kleineren Universitätsstädten wie Freiburg, Heidelberg oder Münster ist die Lage ähnlich angespannt. Die begehrten Lagen haben nur ein begrenztes Wohnungsangebot. Die Mieten steigen hier ebenfalls kontinuierlich, und der Neubau von Wohnheimen kann nicht mit der Nachfrage Schritt halten. Das Ergebnis ist eine ausgeprägte soziale Selektion: Wer die hohen Mieten nicht stemmen kann, muss in andere Städte ziehen oder lange Pendelwege in Kauf nehmen.
In ländlichen Gebieten gibt es oft ein Überangebot an Wohnraum, der jedoch nicht den Bedürfnissen junger Menschen entspricht. Oftmals entsprechen die Wohnungen nicht den Bedürfnissen: Sie sind veraltet, schlecht angebunden oder zu groß und somit für Alleinstehende nicht finanzierbar. In diesen Regionen gibt es zudem weniger Ausbildungs- und Studienplätze, was viele junge Menschen dazu zwingt, in die Städte zu ziehen. Dies führt zu einem regionalen Ungleichgewicht, das Städte und ländliche Gebiete gleichermaßen herausfordert.
Für Auszubildende ist die Situation besonders problematisch, da sie häufig durch das Raster der Wohnraumförderung fallen. Während Studierende zumindest ein begrenztes Angebot an Wohnheimen nutzen können, sind spezifische Wohnheime für Auszubildende rar. Zahlreiche Betriebe geben an, dass Bewerberinnen und Bewerber absagen, weil sie keine Unterkunft finden können. Manchmal organisieren Firmen selbst Wohnraum oder setzen auf Pendlerlösungen – aber das ist nicht überall möglich.
Auch internationale Studierende und Auszubildende stehen vor besonderen Hürden. Oft haben sie keinen Zugang zu staatlicher Unterstützung und müssen sich auf dem freien Wohnungsmarkt behaupten. Zusätzlich erschweren Sprachbarrieren, das Fehlen von Netzwerken und Unsicherheiten in Bezug auf die Vertragsgestaltung die Situation. Die Wohnungsnot erscheint als eine zusätzliche Integrationsschwierigkeit und kann dazu führen, dass qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber fehlen.
Politische Maßnahmen und Initiativen zur Entschärfung der Wohnungsnot
In Anbetracht der prekären Lage haben Politik und Verbände unterschiedliche Aktionen gestartet, um die Wohnungsnot junger Menschen zu bekämpfen. Bund und Länder starten Programme zur Unterstützung des sozialen Wohnungsbaus, die speziell Studierende und Auszubildende im Blick haben. Im Koalitionsvertrag 2021 hat die Bundesregierung das Ziel festgelegt, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, darunter 100.000 öffentlich geförderte. Trotz allem erfüllt die Umsetzung die Erwartungen nicht: Im Jahr 2023 wurden nur etwa 295.000 Wohnungen fertiggestellt, darunter rund 22.000 Sozialwohnungen. Das Angebot kann den Bedarf deutlich nicht decken.
Ein entscheidender Ansatz ist es, neue Wohnheimplätze für Studierende und Auszubildende zu schaffen. Länder haben unterschiedliche Initiativen zur Unterstützung von Ausbildungswohnheimen gestartet. In Nordrhein-Westfalen und Bayern wurden zum Beispiel spezielle Förderprogramme für Azubi-Wohnheime ins Leben gerufen, um günstigen Wohnraum in der Nähe von Ausbildungsstätten zu schaffen. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) fördert ebenfalls neue Wohnkonzepte, darunter Mikroapartments und temporäre Unterkünfte.
Die 2015 eingeführte und 2020 verschärfte Mietpreisbremse hat das Ziel, den Anstieg der Mieten in angespannten Wohnlagen zu begrenzen. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass die Wirkung eingeschränkt ist, weil viele Mietverträge durch Ausnahmen oder Umgehungen nicht erfasst werden. Außerdem gilt die Mietpreisbremse nur für Bestandsmieten; bei Neuvermietungen oder möblierten Zimmern sind oft deutlich höhere Preise üblich.
In den letzten Anpassungen des BAföG wurde die Wohnkostenpauschale mehrfach erhöht, um die gestiegenen Mieten zu berücksichtigen. Eine Lücke zwischen den Förderhöchstbeträgen und den realen Mietkosten, vor allem in Großstädten, ist jedoch nicht zu übersehen. Sozialverbände fordern daher eine weitere Erhöhung der Wohnpauschale sowie eine flexiblere Anpassung an regionale Mietpreise.
Es gibt kommunale Initiativen, die darauf abzielen, leerstehende Gebäude zwischenzeitig zu nutzen oder Wohngemeinschaften für Auszubildende zu schaffen. In mehreren Städten kommen digitale Plattformen zum Einsatz, um Wohnungssuchende und Vermieterinnen sowie Vermieter besser zu vernetzen. Außerdem werden Modellprojekte für generationenübergreifendes Wohnen oder gemeinschaftliche Wohnformen getestet, um den Wohnraum effizienter zu nutzen.
Zusätzlich verlangt die IG Metall verbindliche Mietobergrenzen für öffentlich geförderten Wohnraum, eine gezielte Investitionsoffensive in Wohnheime und eine verlässliche, einkommensabhängige Unterstützung für junge Menschen mit geringem Einkommen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) spricht sich ebenfalls dafür aus, Wohnungs- und Ausbildungspolitik enger miteinander zu verbinden, damit der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht vom Wohnungsmarkt abhängt.
Innovative Wohnkonzepte und Beispiele aus der Praxis
Neben den traditionellen Wohnheimen gibt es in Deutschland immer mehr innovative Wohnkonzepte, die speziell für die Bedürfnisse junger Menschen entwickelt wurden. Um dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu begegnen, werden in Universitätsstädten Mikroapartments, modulare Bauten und temporäre Wohnformen getestet. Um Kosten zu minimieren und den Austausch unter den Bewohnerinnen und Bewohnern zu fördern, setzen diese Konzepte auf flexible Nutzung, effiziente Raumausnutzung und Gemeinschaftsräume.
Ein Beispiel ist das Projekt "SMARTments student", das in verschiedenen deutschen Städten moderne, möblierte Apartments für Studierende zu günstigen Preisen bietet. Die Einheiten sind meist kompakt, beinhalten Gemeinschaftsflächen und werden oft zentral platziert. Projekte wie "THE FIZZ" oder "BaseCamp" bieten ebenfalls modulare Wohnanlagen mit Serviceleistungen an, um den Einstieg ins selbstständige Wohnen zu erleichtern.
Es gibt Initiativen wie das "Azubiwerk" in Hamburg, die als Pilotprojekte Wohnheime für Auszubildende anbieten, die speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Hier sind die Mieten unter dem Marktniveau, und die Bewohnerinnen und Bewohner profitieren von gemeinschaftlichen Aktivitäten und Beratungsangeboten. In einigen Städten werden ehemalige Bürogebäude oder Hotels zu Ausbildungswohnheimen umgewandelt, um kurzfristig Wohnraum zu schaffen.
Generationenübergreifende Wohnkonzepte sind eine weitere Möglichkeit: In Initiativen wie "Wohnen für Hilfe" leben junge Menschen, die in der Ausbildung oder im Studium sind, bei älteren Personen und helfen ihnen im Alltag, zum Beispiel durch Einkäufe oder Gartenarbeit. Als Gegenleistung bekommen sie Wohnraum zu günstigen Konditionen. Modelle dieser Art verbessern den sozialen Zusammenhalt und nutzen Wohnraum besser.
Online-Plattformen wie "WG-Gesucht", "HousingAnywhere" oder städtische Wohnungsbörsen machen es einfacher, passende Angebote zu finden. Darüber hinaus gehen einige Kommunen Partnerschaften mit Firmen ein, um Betriebswohnungen oder Zuschüsse für Auszubildende zu schaffen. In Städten wie München oder Stuttgart wird darüber nachgedacht, Wohnungsbaugenossenschaften zu gründen, die auch Auszubildende und Studierende einbeziehen sollen.
Ein weiteres kreatives Konzept sind modulare temporäre Unterkünfte, die schnell errichtet und flexibel genutzt werden können. Diese Lösungen sind als Übergang bis zur Schaffung von dauerhaftem Wohnraum gedacht. Internationale Initiativen wie das "Student Village" in Amsterdam oder die "Student Hubs" in London beweisen, dass gemeinschaftliches Wohnen und flexible Modelle helfen können, die Wohnungsnot zu lindern.
Forderungen und Ausblick der Gewerkschaften und Verbände
Gewerkschaften und Sozialverbände verlangen angesichts der prekären Lage einen grundlegenden Wandel in der Wohnungs- und Ausbildungspolitik. Das Hauptanliegen ist, die Wohnungs- und Ausbildungspolitik enger miteinander zu verbinden. Die IG Metall fordert Bund, Länder und Kommunen auf, verbindliche Mietobergrenzen für öffentlich geförderten Wohnraum zu schaffen. Vor allem für junge Menschen in Ausbildung und Studium sollen Wohnungen mit Mietpreisen, die das Einkommen berücksichtigen, geschaffen werden.
Eine fokussierte Investitionsoffensive zum Bau von Wohnheimen für Studierende und Auszubildende wird als zentrale Stellschraube angesehen. Die vorhandenen Kapazitäten sind bei Weitem nicht ausreichend, um den Bedarf zu erfüllen. Aus diesem Grund verlangen die Gewerkschaften mehr Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und eine schnellere Genehmigung von Bauvorhaben. Die Umnutzung von leerstehenden Immobilien wird ebenfalls als kurzfristige Lösung vorgeschlagen.
Außerdem kämpfen die Verbände für eine verlässliche, einkommensabhängige Unterstützung für junge Menschen mit geringem Einkommen. Das betrifft sowohl das BAföG als auch die Ausbildungsvergütung. Um eine echte Entlastung zu erreichen, sollten die Wohnpauschalen regelmäßig an die tatsächlichen Mietpreise angepasst werden. Es wird auch über steuerliche Erleichterungen oder Zuschüsse für Auszubildende gesprochen.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Verbesserung der Rechte junger Mieterinnen und Mieter. Hierzu gehören Schutzmaßnahmen gegen überhöhte Mieten, mehr Transparenz bei der Wohnungsvergabe sowie Beratungs- und Unterstützungsangebote bei Mietverträgen und Wohnungswechseln. Die Gewerkschaften verlangen außerdem, dass Unternehmen stärker eingebunden werden: Sie sollten Anreize erhalten, Wohnraum für ihre Auszubildenden und Berufseinsteiger zu schaffen oder sie bei der Wohnungssuche zu unterstützen.
Die Verbände heben die soziale Dimension der Wohnungsnot besonders hervor: Der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum sollte nicht vom sozialen oder finanziellen Hintergrund der Eltern abhängen. Eine gerechte Bildungsgesellschaft benötige Chancengleichheit für alle beim Einstieg ins Berufsleben. Die Frage nach dem Wohnen ist aus diesem Grund ein zentrales Gerechtigkeitsthema: Sie betrifft nicht nur die individuelle Lebensgestaltung, sondern auch die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft.
Zum Schluss weisen die Gewerkschaften darauf hin, dass die Gesellschaft die Wohnungsfrage gemeinsam angehen sollte. Es braucht ein gemeinsames Engagement von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um jungen Menschen einen fairen Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Die Wohnungsknappheit bleibt somit ein wichtiges Thema, das in den kommenden Jahren die Diskussion über die Sicherung von Fachkräften, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliches Wachstum prägen wird.